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Gastautorin Birgit Butz ist Expertin für das Thema Kindergebärden, auch Babyzeichensprache genannt. Sie hat zwei Fachbücher und 4 Pappbilderbücher mit Gebärdensprachabbildungen veröffentlicht.
Ihre vielfältigen Ideen, wie Gebärden kindgerecht gezeigt werden, stellt sie auf ihrer Webseite www.kindergebaerden.info vor.

Was sind Kindergebärden?

Es ist nichts Neues, dass Kindern beim Singen und beim Zeigen von Fingerspielen begleitende Gesten gezeigt werden, die bestimmte Schlüsselwörter herausheben und sogar verbildlichen.
Ein Beispiel: In dem bekannten Abschiedslied „Alle Leut‘, alle Leut‘, geh’n jetzt nach Haus, große Leut, kleine Leut, dicke Leut, dünne Leut….“  werden die Wörter für Haus, groß, klein, dick und dünn mit bildhaften Gesten begleitet. Das bereitet den Kindern viel Freude und erleichtert ihnen auch das Behalten des Textes. 

Da es kaum überlieferte Gesten gibt, die Lebensmittel, Personen, Tiere, Gefühle und Bedürfnisse verdeutlichen, kannst du statt ausgedachter Handzeichen zur visuellen Betonung der Schlüsselwörter eines Satzes Gebärden der Deutschen Gebärdensprache nutzen. Da wir nur einzelne Worte mit Gebärden betonen, nenne ich diese Form der zusätzlichen Kommunikation Kindergebärden.
Nicht nur beim Singen und bei Fingerspielen kannst du Kindergebärden zeigen. Insbesondere im Alltag mit Babys und Kleinkindern kannst du deine Worte mit den passenden Gebärden betonen. Wenn du regelmäßig die Wörter, die im Alltag deines Kindes die größte Rolle spielen, durch eine Gebärde hervorhebst, versteht dein Kind im Laufe der Zeit, dass Gegenstand bzw. Tätigkeit, das gesprochene Wort und die Kindergebärde im Zusammenhang stehen. Es beginnt, Kindergebärden aktiv zu nutzen und kann sich mitteilen, lange bevor es sprechen kann.

Warum sind Kindergebärden für dich / für ALLE ein Gewinn?

Ich habe meinen LeserInnen bei Instagram und Facebook diese Frage gestellt. Hier eine Auswahl der Antworten.

Ich arbeite mit Kleinkindern und die Gebärden helfen unfassbar mit den Kleinsten zu kommunizieren und besser zu verstehen, was sie gerade wollen und brauchen.
sunny_alex97

Auch Kinder, die eine andere Sprache sprechen, können mit Gebärden kommunizieren.
Ute Götz

Es verbindet auf ganz besondere Weise wenn man so früh mit dem Kind kommunizieren kann, viel früher als mit gesprochener Sprache.
Das kann Kind und Eltern eine gewisse Sicherheit geben…
annas_katze 

Kindergebärden unterstützen uns Erwachsene bei unserer wertschätzenden, gewaltfreien, achtsamen Kommunikation mit den Kindern.
Tagesmutti Neuzelle

Kinder untereinander können sich unterhalten, mitteilen, stehen im Kontakt und wir als Erwachsene, sprechen die Wörter mal wieder „deutlich“ aus und verschlucken nicht einzelne Buchstaben.
pam_huck

Wenn du Gebärden in der Alltagskommunikation nutzt, be(ob)achtet du dein Kind viel aufmerksamer, weil du die Gebärden deines Kindes sehen und dann mit Worten und Taten reagieren willst. Diese Aufmerksamkeit und Wertschätzung der Kommunikationsversuche fördert die Bindung zwischen dir und deinem Kind.
Kindergebärden fördern somit auch die Sicherheit, zu verstehen, was dein Kind dir mit Lautsprache oder Gebärden mitteilen möchte.

Ein wichtiger Baustein für die Sprachentwicklung ist neben Zuwendung auch der Blickkontakt und langsameres und betonteres Sprechen. Wenn du deinem Kind Kindergebärden zeigst, wendest du dich deinem Kind beim Sprechen zu, damit es deine Handbewegung sieht, und nimmst Blickkontakt auf. Dadurch, dass du die Schlüsselworte des Satzes mit Gebärden besonders betonst, sprichst du automatisch langsamer. 

Wie nutzt du Kindergebärden im Alltag?

Kindergebärden zeigst du in allen Situationen des Alltags: Beim Waschen und Anziehen, Essen, Spielen, Spazieren gehen und Anschauen von Bilderbüchern. Wichtig ist, dass du neben Gebärden für Worte, die dir wichtig sind, überwiegend Gebärden für Dinge auswählst, die dein Kind interessant findet. Das kann z.B. die Gebärde für ein Tier, das Lieblingsessen oder den Teddy sein.

Du kannst jederzeit anfangen mit sprachbegleitenden Kindergebärden die Schlüsselworte in einem Satz hervorzuheben. Es gibt kein „zu früh“ oder „zu spät“. Da jedes Kind individuell in seiner Entwicklung ist, kann man jedoch nicht genau sagen, wann ein Kind die ersten Gebärden selber nutzt. Wenn dein Kind bereits mit dem Zeigefinger auf Dinge zeigt, die es haben möchte, oder die Geste „winke-winke“ nachahmt, dann hat es verstanden, dass Wort und Handbewegung im Zusammenhang stehen, und wird auch anfangen interessante Gebärden nachzuahmen.

Zwei wichtige Dinge solltest du jedoch beachten, wenn du Gebärden im Gesprächsalltag nutzen möchtest:

  1. Wiederhole die Gebärde so oft wie möglich, denn das fördert die Wiedererkennung.
    Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Die Geste „winke-winke ahmen Kinder besonders schnell nach, weil wir diese sehr häufig bei der Verabschiedung von lieben Menschen zeigen.
  2. Besonders wichtig ist, dass du mit Freude deine Worte mit Gebärden begleitest. Das wirkt sich positiv auf die Nachahmungsbereitschaft auf. Hier ist die Geste für „Hallo“ ein gutes Beispiel. Wir winken uns zur Begrüßung stets freudig zu und drücken diese Freude auch mit unserer Stimme aus. Das ist ein Grund, warum Kinder auch diese Gebärde schnell nachahmen.

Probiere es aus!
Führe erste Gebärden ein und du wirst sehen: Kindergebärden fördern eine bewegte und lebendige, intensive und kindgerechte Kommunikation, gibt dir und deinem Kind einen Einblick in die Gedankenwelt des anderen und intensivieren dadurch eure Beziehung! Kindergebärden sind also ein Gewinn für ALLE. Die Ideen auf meiner Webseite, der Newsletter und meine Bücher werden dir dabei ein guter Begleiter sein.

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