Es gibt diesen Wunsch nach der perfekten Großfamilie. Wo alle wie in einer italienischen Soßenwerbung glücklich um eine lange Tafel sitzen, das Tischtuch sich im Wind bauscht und Oma unfassbar viele Nudeln gekocht hat.
Nun ist dieses Bild nicht viel mehr als eine schöne Fantasie. Der Trend in Deutschland geht zu Single-Nudelboxen, und wer keine große Lust auf die Familiengründung hat, wird nicht notwendigerweise schief angesehen. Was aber häufig für Verwunderung sorgt, ist, wenn eine Familie nach dem ersten Kind ihre Familienplanung anpasst. Wie wir zum Beispiel. Wir haben nur ein Kind. Mehr wollen wir nicht.
Wir sind glücklich, wie wir sind
Wir sind glücklich, und das, obwohl wir beide Einzelkinder sind. Eigentlich wollten wir immer mehrere Kinder. Drei, vier. So viele, dass daheim immer Trubel ist und das Leben nie stillsteht. Als Einzelkind gibt es eben diese ruhigen Nachmittage, an denen man alleine zu Hause sitzt mit nicht viel mehr als den Staubflocken, die im Wohnzimmer im Sonnenlicht tanzen. Diese Leere, denkt man sich dann, müsste sich doch in einer Großfamilie ganz exzellent auflösen. Diesen Gedanken habe ich ins Erwachsenenleben weitergetragen.
Wir alle verändern uns mit unseren Erfahrungen. Wir sind als Eltern nicht dieselben Menschen wie ohne Kind. Eine Schwangerschaft und eine Geburt sind prägendere Erlebnisse, als ich dachte. Und so geht es vielen Eltern. Unser Alltag steht nie still, weil unsere Tochter Bedürfnisse, Energie und Freude mitbringt, die für drei weitere Kinder reichen würden. Wir fühlen uns erstaunlich komplett, obwohl unser Leben ganz anders ist, als wir jemals dachten.
Warum es absolut in Ordnung ist, nur ein Kind zu wollen
Nur ein Kind haben zu wollen, ist ein genauso berechtigter Wunsch, wie zehn Kinder haben zu wollen oder gar keins. Die Gründe dafür sind vielfältig und von außen oft nicht ersichtlich. Ein weiteres Kind zu bekommen, ist immer mit Risiken verbunden. Wenn die Schwangerschaft, wie in unserem Fall, alles andere als unkompliziert abläuft, kommen erste Zweifel auf. Der Körper verändert sich. Die Paarbeziehung tritt in den Hintergrund. Überall im Leben wird Platz geschaffen für diesen neuen kleinen Menschen. Vor allem, wenn dieser Mensch dann mehr Raum einnimmt als gedacht, beginnt das Grübeln. Wollen wir die eingespielten Routinen wirklich noch mal neu anpassen? Wer kann wann wieder arbeiten gehen, und werden wir wirklich mehreren Kindern gerecht? Ein Kind ist eine Entscheidung fürs Leben. Viel größer als eine Ehe, die sich auflösen lässt, wenn es nicht mehr weiter geht. Eine solche Entscheidung verdient alle Sorgfalt.
Kein zweites Kind?
Doch wer als Eltern die Familienplanung ändert, erntet oft erstmal Verwunderung. „Doch kein zweites Kind? Seid ihr etwa nicht glücklich?“, oder „Habt ihr denn nicht Angst, etwas zu verpassen?“ Mich stört dieser Blick auf den Mangel. Irgendwie sind wir nie vollständig. Den Erwachsenen fehlt die Bindung zum inneren Kind, den Singles der Partner und uns das Extrakind. Alle können glücklich sein, wenn wir Familienmodelle als persönliche, freie Entscheidungen akzeptieren würden – und wenn diese Entscheidungen auch wirklich frei getroffen werden könnten. Ohne Angst vor fehlender Unterstützung, aus finanziellen Sorgen oder weil einfach nicht genug Raum ist für Kinder.
Olaf Bernstein hat das Gefühl, dass wir alle einander bei der Familienplanung mehr sein lassen müssten. Wie genau er sich das vorstellt, darüber schreibt er für Barrio, auf seinem Blog, bei Instagram oder bei Twitter.