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Ah, die guten Vorsätze! Jetzt ist traditionell die Zeit, sich besinnlich mit einem Tee aufs Sofa zu setzen, den Blick aus dem Fenster schweifen zu lassen und sich urplötzlich zu fragen:

War da was?

Im Mitt-Januar-Sumpf der immer gleichen grauen Tage fällt es extrem schwer, noch die Begeisterung aufzubringen, die wir an Neujahr für unser brandneues Ich hatten. Die Wege zu einem gesünderen Lebensstil, neuen Talenten und besseren Beziehungen scheinen plötzlich nicht mehr über eine federnde Blumenwiese zu führen, sondern durch einen zähen Sumpf. So ziehen wir alle mühevoll unsere Stiefel aus dem Morast. Weiter. Weiter. Uuund weiter. 

Der Rückfall in alte Gewohnheiten

Und dann kommt er irgendwann – der Moment, an dem es aus ist mit der Selbstbeherrschung. Das eine Stück Schokolade, dem dann ein zweites und drittes und irgendwann die ganze Packung folgt. Der Tag, an dem es sich einfach besser anfühlt, im Jogginganzug auf dem Sofa zu sitzen als auf dem Hometrainer oder als eine Runde an der nasskalten Luft zu drehen. Zack, ist es wieder da, dass kleine Persönchen, dass immer auf unserer Schulter sitzt und sagt: „Siehste, du ziehst es nicht durch. Hab ich doch wieder Recht gehabt. Warum lässt du es nicht sein?“ 

Selbstvorwürfe helfen nicht weiter

Mir haben Selbstvorwürfe in der Vergangenheit nicht geholfen. Anstatt Motivation verspürte ich eine tiefsitzende Lust zur Selbstsabotage, wann immer das Thema auf meine im Sumpf versandeten Neujahrsvorsätze kam. Wenn das alle anderen hinbekommen, kann das ja nicht so schwer sein, dachte ich. Was im Umkehrschluss hieß: Ich bekomme nichts hin. Nicht mal, mich an einen simplen Vorsatz zu halten. Mittlerweile bin ich da schlauer. Es fällt nämlich den allermeisten Menschen schwer, neue Gewohnheiten (und nichts anderes sind Neujahrsvorsätze meist) einzuüben.

Dranbleiben ist besser als aufgeben

Also auf Nimmerwiedersehen, gute Vorsätze? Das nun auch nicht! Der Ratschlag, den Leute geben, die sich damit auskennen – also beispielsweise Motivationsforscher*innen – ist ebenso nervig wie einleuchtend: „Einfach weitermachen.“ Unsere Gehirne neigen dazu, einen einmaligen Einbruch einer Gewohnheit als Abbruch wahrzunehmen. Aber so entwickeln sich neue Verhaltensweisen: Es ist keine stetige Linie, sondern ein Auf- und Ab. Ein ständiges Vor- und Zurück von Gewohnheit und Gemütlichkeit, Aufbruch und Veränderungswillen. Ein sehr langsamer Tanz.

Mein Neujahrsvorsatz: Weniger hilft mehr

Was hilft, ist also, den einen schlechten Tag nicht zu zählen und am nächsten Morgen so weiterzumachen, als hätte es den Rückschritt nie gegeben. Diese Hartnäckigkeit aufzubringen, ist dieses Jahr noch schwerer als üblich. Deshalb habe ich für mich dieses Jahr nur einen Neujahrsvorsatz gefasst: Weniger von allem. Weniger Stress, weniger Verantwortungs- und Verpflichtungsgefühl, weniger selbst gemachten Druck. Wenn ich dann doch mal mit mir selbst wortbrüchig werde, muss ich nicht die Zähne zusammenbeißen und mühsam in eine neue Routine zurückfinden. Ich kann ganz einfach sanft mit mir selbst sein und mir sagen, dass ich am nächsten Tag weniger tun werde. Ganz entspannt.

Olaf Bernstein neigt dazu, eher über seine guten Vorsätze zu schreiben, als sie auch wirklich umzusetzen. Ob das dieses Jahr anders wird, darüber berichtet er bei Barrio, auf seinem Blog, bei Instagram oder bei Twitter.

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