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Julia ist Erzieherin im Waldkindergarten. Sie erzählt uns mehr über die Kindergarteneingewöhnung und was es im Waldkindergarten zu beherzigen gibt.

Was ist bei euch das normale Kindergarteneintrittsalter?

Das normale Kindergarteneintrittsalter liegt im Waldkindergarten bei drei Jahren. Wenn ein Kind sehr gut entwickelt ist, sich wohl fühlt und / oder bereits ein älteres Geschwisterkind oder einen Freund / Freundin im Kindergarten hat geht auch zweieinhalb Jahre. Das wird individuell entschieden und bei einem bzw. mehreren Kindergartenbesuchen des entsprechenden Kindes mit einem Elternteil festgelegt.

Was ist das beste Alter um mit dem Kindergarten zu starten? 

Das beste Alter um mit dem Kindergarten zu starten ist individuell. Es kann sein, dass ein Kind mit drei Jahren noch sehr viel Unterstützung braucht, jedoch empfinde ich drei Jahre als optimal, um mit anderen Kindern und Erwachsenen sowie allem anderen, was ein Kindergarten (Waldkindergarten) zu bieten hat, in Kontakt zu kommen. Im Idealfall sollten Kinder ab einem sehr frühen Alter, also schon als Babys, beginnen, soziale Kontakte zu knüpfen und zu entwickeln, was normalerweise auch leicht funktioniert.

Was ist die beste Vorbereitung auf den Kindergarten?

Die beste Vorbereitung für den Kindergarten ist erstens, dass das Kind sich dort wohl fühlt, was z.B. durch ein, zwei Schnuppertage herausgefunden wird. Zweitens sollte bereits anderweitig Kontakt zu anderen Kindern da sein, also eine Öffnung des Kindes außerhalb der engsten Familienmitglieder zu anderen Kindern sollte gefördert werden.

Drittens sollten die Eltern bzw. der begleitende Elternteil auf keinen Teil klammern, dies kommt immer wieder mal vor. Das heißt der Elternteil sollte sich zurücknehmen und sich möglichst heraushalten, ohne dem Kind z.B. ungefragt helfend zur Hand zu gehen. Abschiede sollten herzlich und liebevoll aber möglichst kurz gehalten werden. Ein Herauszögern des Abschieds oder gar „endloses“ Verabschieden und Umarmen hintereinander verwirren das Kind und erschweren den Lösungsprozess.

Viertens kann ein Kind durch ein Schnuffeltuch oder ein Kuscheltier, das es mit in den Kindergarten nehmen darf, Sicherheit und ein Stück von Zuhause mit sich nehmen. Dies hilft und unterstützt. Im Waldkindergarten ist das allerdings nur zur Eingewöhnung erlaubt, da Kuscheltiere und Spielzeuge ansonsten im Wald wenig verloren haben. Dies ist wörtlich zu nehmen,  da sie von den Kindern öfter tatsächlich im Wald verloren werden, und das pädagogische Team nicht willens ist, stundenlang mit einem tränenüberströmten Kind im losen Laub oder Gebüsch nach dem geliebten Spielzeug zu suchen.

Was sind die typischen Probleme beim Eintritt in den Waldkindergarten?

Typische Probleme beim Eintritt in den Waldkindergarten gibt es eigentlich nicht. Eine Eingewöhnung kann superleicht ablaufen, das Kind kann sich schnell und harmonisch integrieren und findet schnell Gleichgesinnte und guten Kontakt zu den Erzieher*innen.

Wird das Kind noch gewickelt, was vorkommen kann, auch wenn die Konzeption von einer Eingewöhnung ohne Windeln spricht, also wenn das Kind bereits fähig ist, Urin und Stuhl selbst zu kontrollieren, dann kann es zu Problemen kommen. Wenn ein Kind viel Bewegungsdrang hat und unregelmäßigen Stuhlgang, da eine volle Windel kombiniert mit viel Klettern, Kriechen etc. nicht ewig dicht hält und zudem unangenehm für das Kind ist. Dies ist z.B. bei Kindern mit Entwicklungsverzögerungen der Fall, aber auch bei Kindern mit anderweitigem individuellen Verhalten.

Problem der Verabschiedung

Problematisch wird es auch, wenn das Kind nicht von dem Elternteil loslassen will, nicht genug Sicherheit fühlt, um sich einer anderen erwachsenen Bezugsperson zu öffnen. Es ist auch umgekehrt problematisch, wenn das Elternteil, das mit eingewöhnt, nicht das Kind loslassen möchte, weil dieses evtl. Verhalten zeigt, das der Mutter / dem Vater signalisiert, dass es jetzt Trost und Geborgenheit, Unterstützung von ihnen braucht, anstatt von ihnen „alleine gelassen“ zu werden. Dies kann sein, wenn das Kind weint, sich ängstlich zeigt etc. Typisch im Waldkindergarten ist bei der Eingewöhnung, dass es zu Kleidungsproblematiken kommen kann, denn im Wald herrschen gerade bei den Jahreszeitenübergängen morgens komplett unterschiedliche Temperaturen im Gegensatz zu mittags, hier ist geeignete Kleidung enorm wichtig, um dem Kind Wärme und Sicherheit durch körperliches Wohlbefinden im direkten Kontakt mit den Witterungsbedingungen zu geben.

Eine weitere typische Thematik stellt den Gang zur Toilette dar, da manche Kinder sich erst daran gewöhnen müssen, von jemandem beim Entleeren gehalten zu werden und nicht auf eine normale Toilette zu gehen, sondern die natürlichen Bedingungen zu nutzen. Eine typische Problematik in vielen Waldkindergärten stellt die Ernährung dar, da oft Zuhause nicht so darauf geachtet wird wie in einem Naturkindergarten, wo natürliche Nahrung möglichst ohne Verpackung sowie Zucker gegessen werden. Eine gute, ausgewogene und sättigende Jause ist neben der passenden Kleidung sehr wichtig. Ist der Magen gefüllt und der Körper gut versorgt, kann das Kind voll leistungsfähig spielen, toben, klettern, rennen usw.. Frische Luft macht hungrig, Bewegung an der frischen Luft noch viel mehr!

Welche Tipps hast du für unsere Eltern?

Allen Thematiken gemeinsam ist eine klare und transparente Kommunikation mit den Eltern, lieber einmal zu viel als zu wenig, hier wird auch darauf geachtet, Verständnis bei den Eltern zu fördern.

Weiterhin gibt es sogenannte Patenkinder, das sind Vorschulkinder, die bereits genug Verantwortung zeigen, um sich um je ein einzugewöhnendes Kind kümmern. Sie helfen den Rucksack aufzusetzen, Brotdosen auszupacken und einzupacken, ihnen Regeln zu demonstrieren und auch zu erklären wenn nötig.

Regelmäßige Windelkontrollzeiten helfen ebenso wie aktive, einfühlsame und herzliche Kontaktaufnahme von Seiten der Erzieher*innen zu dem Kind. Erklärungen sind wichtig, helfen aber generell weniger als aktive Unterstützung. Ein weinendes Kind beruhigt sich z.B. auf dem Schoss einer Erzieherin / eines Erziehers meist von selbst,  wenn es in den Morgenkreis oder in die Gemeinschaft der Kindergruppe mit einbezogen oder ihm etwas vorgelesen wird. Was für die davongehenden Eltern wohl manchmal heftig aussehen bzw. sich anhören kann, beruhigt sich meist recht schnell. Wichtig ist, dass ein Kind in der Eingewöhnung bei der Verabschiedung von den Eltern nicht alleine ist, sondern stets ein*e Erzieher*in dabei ist. Ein geduldiger und liebevoller Umgang mit dem Kind sowie eine angemessene Einbeziehung in die Gruppe und eine klare Kommunikation zu den Eltern, ebenso wie zu dem Kind, sind entscheidende Faktoren, um eine leichte Eingewöhnung zu unterstützen.

Wir danken Julia für das Interview, was uns einen direkten Blick auf die Sichtweise einer Erzieherin ermöglicht hat.

Waldkindergarten an der Bergstraße im Odenwald, eine Gruppe, 25 Kinder im Alter von 2,5-3 Jahren, pädagogisches Team 2 Vollzeitkräfte, 2 Teilzeitkräfte

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