Von Hüftdysplasie haben wir alle schon mal gehört, aber was genau sich dahinter verbirgt und wie die Therapie aussehen kann, erfahren wir von unserer Expertin Prinzessin Stefanie zu Sayn-Wittgenstein.
Liebe Mamas und Papas,
in meiner neuen Serie möchte ich euch häufige orthopädischen Auffälligkeiten beim Neugeborenen aufzeigen. Früher führten die Fehlbildungen am knöchernen Skelett meistens zu schwerwiegenden Bewegungsbehinderungen und hatten Konsequenzen für das ganze Leben eines Menschen. Durch die zunehmenden Entwicklung der Medizin und der Forschung kann man heutzutage die meisten dieser Auffälligkeiten frühzeitig erkennen und gut behandeln.
Zu diesen Themen werdet ihr wertvolle Informationen finden:
- Angeborene orthopädische Fehlbildungen:
- Hüftdysplasie (Luxation, Subluxation, Instabilität)
- Sichelfuß
- Klumpfuß
- Hackenfuß
- Knieluxation
- Kniehypertension
- Schiefhals
- Geburtsbedingte Verletzungen des Bewegungsapparates
- Lähmung des Plexus Brachialis (Störung der Armbewegung)
- Schlüsselbeinbruch (Klavikulafraktur)
- Schiefhals durch Verletzungen des M. Sternocleidomastoideus unter der Geburt
- Kopfgelenksinduzierte Symmetrie Störung (KISS- Syndrom)
Auffälligkeiten des Hüftgelenkes – Hüftdysplasie/ Hüftluxation
Ich werde nie vergessen, wie stark meine Großmutter auf das Gangbild eines Enkelkindes achtetet und immer wieder ermahnte: „Watschle nicht so! Achte auf Deinen Gang und stell die Füße beim Gehen gerade!“
Hüftgelenksinstabilität
Sie wusste noch nicht, dass in unserer Familie eine familiäre Disposition zur Hüftgelenksinstabilität besteht. Unbehandelt führt diese Hüftgelenksinstabilität zu genau dem Bild des „Watschelganges“ mit einer Hohlkreuzbildung. Dieses Bild entsteht, da der Körper einen Ausgleich zu einer Fehlstellung der Hüftgelenke finden muss. Im Verlauf des Lebens nutzen sich die Gelenke durch die lange Fehlstellung frühzeitig ab und viele unserer Familienmitglieder haben oft schwere Schmerzen in der Hüfte, den Knien und im unteren Rücken. Bandscheibenvorfall und der Bedarf des Gelenkersatzes in Hüfte und Knie sind häufig, besonderes bei den älteren Familienmitgliedern.
Entwicklung im Mutterleib
Während der Entwicklung des Kindes im Mutterleib entsteht die Anlage des knöchernen Skelettes. Bis zur Geburt sind die meisten Knochen bereits weitgehend verknöchert. Aber für die Geburt und das Wachstum im Mutterleib bleiben einige Strukturen noch weich und nur durch Knorpelgewebe verbunden. Sie erreichen erst einige Zeit nach der Geburt ihre feste, knöcherne Stabilität. Das sind zum Beispiel der knöcherne Schädel; erst viele Monate nach der Geburt verschließen sich die Schädelnähte zum festen, knöchernen Schädel. Für die Geburt ist das enorm wichtig, damit das Köpfchen sich dem Geburtskanal anpassen kann.
knorpelige Verbindung der Hüftgelenksknochen bis zur Geburt
Auch die Knochen, die das Hüftgelenk bilden sind während der Schwangerschaft nur knorpelig verbunden. Bis zur Geburt muss das immer größer werdende Baby eine fast päckchenartige Haltung einnehmen. Das wäre gar nicht möglich, wenn die Hüfte bereits ausgereift wäre und sich nur bis zu einer bestimmten Grade beugen ließe.
Zur Anatomie des Hüftgelenkes:
Das Hüftgelenk wird durch die Hüftpfanne des Beckens und dem Oberschenkelknochen gebildet. Das obere Ende des Oberschenkelknochens bildet eine Kugel, die normalerweise genau in die Pfanne des Beckenknochens passt. Die Gelenkflächen sind mit Knorpelgewebe überzogen, die ein reibungsfreies Bewegen der Knochen gegeneinander erlaubt. Die Hüftgelenke sind Kugelgelenke und machen die vielen Bewegungen möglich die euer Baby für seine Bewegungsfreiheit im Leben braucht, wie Drehen, Strecken, Beugen, Auswärts- und Einwärts- Bewegung der Beine. Es ist ein zentrales Gelenk, was die Beine mit dem Rumpf verbindet. Es trägt das ganze Körpergewicht.
Hüftdysplasie
Dieses Wort beschreibt eine Fehlstellung oder Fehlbildung der Hüfte. Sie ist mit 2% aller Neugeborenen die häufigste angeborene Skelettfehlbildung. 80% der Betroffenen sind Mädchen.
Wir unterteilen in:
- Hüftluxation: der Hüftkopf befindet sich nicht in der Gelenkspanne
- Hüftsubluxation: der Hüftkopf befindet sich nicht vollständig in der Pfanne
- Hüftinstabilität: der Hüftkopf sitzt nicht fest in der Gelenkpfanne und kann herausrutschen und wieder zurückrutschen (im Volksmund auch Schnapphüfte)
Ursachen:
- Familiäre Häufung
- eine lagebedingte Ursache in der Schwangerschaft, zum Beispiel die Beckenendlage
- zu wenig Fruchtwasser in der Schwangerschaft
Ganz häufig lässt sich eine genaue Ursache nicht finden.
Symptome beim Neugeborenen:
- Eine Ungleichheit bei der Bewegung der Beinchen beim Strampeln fällt auf.
- Eine Ungleichheit der Hautfalten am Oberschenkel ist zu erkennen.
- Beim Wickeln kann euch eine Streckhemmung eines Beinchens auffallen.
- Ein Beinchen ist länger als das andere.
Da die Hüftdysplasie so häufig vorkommt, gehört der Hüftultraschall heutzutage zur Basisuntersuchung der Babyvorsorgeuntersuchung bei der U2 und U3.
Therapie:
Für Behandlung der Hüftdysplasie im Neugeborenenalter gibt es gute Erfolgschancen. Je nach Schweregrad der Dysplasie wird euch der Arzt empfehlen euer Kind breiter zu Wickeln, eine Spreizhose für 3-6 Wochen oder auch krankengymnastische stärkende Übungen. Wichtig ist, dass die Entwicklung des Hüftgelenkes bei diagnostizierten Auffälligkeiten regelmäßig kontrolliert wird, um langfristige und irreversible Fehlstellungen zu vermeiden. Unbehandelte Fehlstellungen führen auf Dauer zu einer Fehlbelastung der Hüftgelenke, der ganzen Wirbelsäule, der Beine und der Füße. Vorzeitige Abnutzungserscheinungen der Bandscheiben, der Kniegelenke und der Hüftgelenke und Schmerzen sind oft die Folge.
Bitte achtet gut auf euer Baby und nehmt die Vorsorgeuntersuchungen war!
Liebe Grüße, eure Stefanie
Beitragsfoto: Foto von Kristina Paukshtite von Pexels
Weitere wichtige Beiträge von Prinzessin Stefanie zu Sayn-Wittgenstein