üWas passiert in unserer Welt? Mit Kindern über Nachrichten und Politik sprechen
Nachrichten – sie sind mehr als das abstrakte Gebrabbel im Fernseher oder die vielen halb gelesenen Artikel auf unserem Telefon. Nachrichten sind eine Zusammenfassung der Ereignisse auf der Welt. Da unsere Kinder wie wir in dieser Welt leben, gehen Nachrichten sie natürlich auch etwas an. Aber: wie spreche ich mit Kindern über komplexe Themen? Ab wann fange ich damit an? Und macht es überhaupt Sinn, auch schwierige Themen mit dem Nachwuchs zu besprechen?
Warum ist es wichtig über Politik und Nachrichten zu sprechen?
Ob wir mit unseren Kindern über Nachrichten und Politik sprechen, ist eine sehr persönliche Entscheidung. Das hängt zum einen sehr vom Alter des Kindes, vom Thema und der geistigen Reife ab. Manche Kinder sind schnell verängstigt oder besorgt und brauchen vielleicht eine besonders sanfte Heranführung an Themen wie Krieg, Pandemie oder rechte Politik. Andere dagegen sind noch nicht bereit für die ganze Bandbreite an Themen, können sich aber für einzelne Nachrichten brennend interessieren.
Es gibt viele Dinge, die dafür sprechen, Kinder schon früh an das Thema Politik und Nachrichten heranzuführen. Hier sind drei davon:
- Sie spüren, wenn etwas nicht stimmt.
- Es ist Teil ihrer Welt.
- Wir können helfen einzuordnen, was sie ohnehin hören.
Nachrichten und Politik kindgerecht erklären?
Für mich ist die Tatsache, dass meine Tochter meine Einordnung brauchen könnte, einer der wichtigsten Gründe, zuhause über Politik zu sprechen. Ob sie nun mich und meinen Mann beim Sonntagsfrühstück diskutieren hört, oder etwas in der Schule aufschnappt: Ich helfe ihr gern zu verstehen, was um uns herum eigentlich so alles passiert. Ganz besonders Themen wie Corona, Terroranschläge oder Unwetterkatastrophen brauchen eine Einordnung. Wir können erklären, was vor sich geht, ohne unser Kind mit einer Masse an Fakten zu verschrecken. Was gut funktioniert ist, ganz klar und sachlich auf Fragen zu antworten – aber nicht zu sehr auszuschweifen. Kinder kennen ganz oft ihre eigenen Grenzen gut und fragen meist nicht über den eigenen Verständnishorizont hinaus. Das bedeutet, wenn ich gefragt werde: „Was ist ein Terrorist?“, antworte ich recht knapp: „Ein Mensch, der anderen Leuten Angst machen möchte, damit er sein Ziel erreicht.“
Infos klar, faktisch und häppchenweise weitergeben
Erst, wenn meine Tochter nach mehr Informationen verlangt, gebe ich sie ihr. Klar, faktisch, häppchenweise. Ich erkläre auch, wenn ich persönlich etwas nicht gut und richtig finde und warum. Aber ich markiere dabei meine eigene Meinung. Ich erkläre, dass es unterschiedliche Meinungen gibt und zeige bei Bedarf, wie und warum ich meine gebildet habe. Wenn ich mit meinem Latein am Ende bin, frage ich Freund*innen, suche kindgerechte Dokumentationen oder Bücher. Ich glaube aber, dass der Wissensdurst von Kindern gerade bei schwierigen Themen erst nach und nach wächst. Und so lasse ich meine Erklärungen nach und nach mitwachsen.
Und wenn es aber sein muss?
Was, wenn in unserer Stadt etwas Schlimmes passiert ist? Was, wenn ich selbst völlig neben mir stehe und diese Betroffenheit erklären will? Oder, wie erkläre ich beispielsweise die Pandemie, die unser aller Alltag so massiv einschränkt? Auch hier lasse ich mich wieder von den Fragen leiten. Ich erkläre, was mir Sorgen macht, aber auch im gleichen Atemzug, was ich an dieser Stelle für mich tun kann. So schaffe ich es, weiterhin Sicherheit zu vermitteln. Meine Tochter braucht die Fakten. Aber sie braucht auch das Gefühl, dass wir Eltern einen Plan haben. Ich erkläre, warum es verschiedene Maßnahmen gibt und warum diese gerade umgesetzt werden. Alle Bereiche, die das Leben meines Kindes konkret betreffen, ordne ich ein. Alles andere darf meine Tochter selbst erfragen, wenn sie so weit ist.
Ob und wie wir mit Kindern über Politik sprechen, hängt also sehr von der Situation ab. Wichtig ist vor allem, dass wir für Rückfragen erreichbar sind und dass wir die Ängste und Sorgen unserer Kleinen ernst nehmen. So können wir Stück für Stück, Thema für Thema über Politik aufklären, ohne dabei zu verunsichern.
Josephine Bernstein schreibt für Barrio unter anderem über bedürfnisorientierte Elternschaft. Weitere Denkanstöße findet ihr auf ihrem Blog, bei Instagram oder bei Twitter.
Foto: Olaf und Josephine Bernstein