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Ab wann Kinder alleine schlafen sollten… „Wie? Ihr schlaft alle im Familienbett? Soll das Kind bei euch schlafen, bis es auszieht?“ Diese oder ähnliche Reaktionen kennen wohl alle Eltern, die mit ihrem Nachwuchs den Schlafplatz teilen. Dieser Text ist für alle, die darauf gern etwas Schlagfertiges erwidern möchten, und für alle, die einfach noch nicht sicher sind, wie lange Kinder bei den Eltern schlafen sollten.

Die Timeline im Familienbett bestimmt ihr

Meine Antwort ist so simpel wie klar: Eure Kinder sollten so lange bei euch im Bett schlafen, wie es für alle gut ist. Wenn es euch als Eltern nicht mehr gut geht mit der Schlafsituation, muss ganz klar eine Lösung her. Wenn die Kinder im Familientrubel schlecht schlafen, muss vielleicht etwas geändert werden.

Wer allerdings nicht mitzureden hat an eurer persönlichen Schlafsituation sind: alle anderen. Wirklich alle. Schwieger- und Großeltern meinen es sicher gut. Aber es ist nicht ihre Entscheidung, wie ihr schlaft. Auch wenn „damals“ die Dinge anderes gehandhabt wurden. Ihr lebt jetzt, ihr lebt euer Leben, tut, was euch gut tut. Auch wenn Ärzt*innen zum vorzeitigen Auszug aus dem Familienbett raten, gibt es dafür selten medizinische Gründe. Oft sprechen einfach alte Glaubenssätze und Sehgewohnheiten aus diesem Ratschlag.

Die Sache mit der Selbstständigkeit

Die Angst vieler Kritiker ist die mangelnde Selbstständigkeit der Kinder. Die Sorge ist die, dass Kinder, die nie lernen mussten, alleine zu schlafen, das auch als erwachsene Menschen weder wollen noch können werden. Schauen wir uns diese Argumentation einmal genau an. Sie besagt, dass Menschen nur etwas Neues probieren, wenn sie gezwungen werden. Sie besagt, dass wir das Alleine-Schlafen üben müssen. Mal ganz abgesehen davon, dass weltweit in vielen Kulturen kleine und große Kinder bei ihren Eltern schlafen und als Erwachsene trotzdem ausziehen, ist diese Argumentation Quatsch. Das, was es zum Alleine-Schlafen braucht, sind einerseits Hirnreife und andererseits Urvertrauen.

Ersteres bringt die Zeit. Die Hirnreife kommt nicht früher, wenn wir es uns dolle wünschen oder heftig an unseren Kindern ziehen. Letzteres kommt, indem wir unseren Kindern Raum geben, um Vertrauen zu entwickeln. Das kann (muss aber nicht) im Familienbett geschehen. So oder so – ein Kind, dass lange seinen Bedürfnissen entsprechend bei den Eltern schlafen durfte, wird nicht weniger oder später selbstständig. Es ist sogar zu vermuten, dass das früher passiert.

Jedes Kind kann schlafen lernen

Jedes Kind wird schlafen lernen. Wirklich. Der Schlafrhythmus mag nicht das sein, was uns Film und Fernsehen suggerieren, die Schlafphasen mögen kürzer sein, als uns lieb ist. Aber Kinder schlafen. Jede Nacht, meistens mindestens ein paar Stunden am Stück. Wie und ob Kinder schlafen, können wir als Eltern bedingt beeinflussen. Wir haben Einfluss auf zweierlei: Wie sehr uns der Schlaf unseres Sprösslings tangiert und wie sich unser Kind dabei fühlt. Wenn wir auf ein Schlaf-Setup bestehen, dass uns eine Nachtruhe garantiert, wenn wir die Kinder schreien lassen, oder nur in bestimmten Intervallen ins Kinderzimmer gehen, ändern wir am Kinderschlaf original nichts. Was sich ändert, ist die Menge an Fürsorge, die unsere Kinder in nächtlichen Wachphasen bekommen.

Alle Kinder werden sich nach einer gewissen Zeit nachts ruhig verhalten, wenn sie wissen, dass niemand kommt. Das ist evolutionär so angelegt. Sie sparen Energie, weil sie schließlich nicht wissen können, wenn wir allmächtigen Eltern uns wieder um sie kümmern. Dieses ruhige Verhalten bedeutet allerdings nicht, dass unser Kind schläft. Möglicherweise hat es resigniert. Es hat aufgegeben und wartet.

Bedürfnisorientiert schlafen

Ultimativ liegt die Entscheidung, wer wie wo schläft, bei euch als Familie. Ob euch ein Familienbett gut tut oder nicht, könnt nur ihr entscheiden. Aber ein anderes Setup wird weder den Schlaf eures Kindes verlängern (sofern Ruhestörung durch Geschwister oder schnarchende Mitschläfer*innen ausgeschlossen ist), noch werdet ihr mit dem Familienbett eurem Kind die Selbstständigkeit verbauen.

Entscheidet, was für euch als Familie passt. Schaut auf die Bedürfnisse aller. Und schlaft gut!

Josephine Bernstein schreibt für Barrio unter anderem über bedürfnisorientierte Elternschaft. Weitere Denkanstöße findet ihr auf ihrem Blog, bei Instagram oder bei Twitter.

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