Ich würde Euch hier eigentlich gerne über wundervoll familiär-harmonische, lehrreiche und vor allem lustig-liebevolle und herzliche Familienausflüge berichten. Solche, bei denen man als komplette Familie abends müde und randvoll mit tollen Erlebnissen nach Hause kommt und noch Jahre später beim Erzählen glasige Augen vor Rührung und schönen Erinnerungen bekommt. Stattdessen nehme ich Euch mit auf einen Ausflug a`la „Weber“. Über die reden wir meist auch Jahre später noch, aber bei uns endet das oft in „Weißt du noch? Gott war das peinlich!“ oder „Egal wie, schön war´s irgendwie ja trotzdem.“
Früher, als unsere Ela noch Kind war (jetzt ist sie 22) haben wir natürlich auch einiges an Ausflügen unternommen. Wir waren zum Beispiel in Zoo´s, auf Jahrmärkten, auf Schlösser und Burgen, in Wälder und an Seen und in Freizeitparks. Ich war mit ihr frühstücken, Eis essen, auf Spielplätzen und habe mich mit anderen Müttern getroffen, damit unsere Kinder zusammen spielen können. Damals waren wir als Eltern selbst noch verhältnismäßig jung und unsere Ausflüge waren geprägt von Spaß und meist guter Laune. Das alles ist nun schon Jahre her und ihr ahnt vielleicht schon, dass das auch nicht wirklich der Punkt war, auf den ich ursprünglich hinaus wollte.
Wir unternehmen auch heute noch einiges als Familie, nur haben unsere Ausflüge mittlerweile einen völlig anderen Charakter bekommen. Ich möchte Euch also gerne mitnehmen, sagen wir auf einen Ausflug in den Zoo. Teilnehmende Personen sind dieses Mal mein Mann und ich und unser „Löwenbaby“ Svenja. Unsere „Special Edition“, mein kleiner zehnjähriger Nachzügler im Rollstuhl. Kognitiv unfassbar fit, in einer Art und Weise, die manchen Erwachsenen aus den Latschen haut (oftmals inklusive mir). Dieses kleine Wunderwesen hat nur einen entscheidenden Nachteil: sie hat nicht wirklich Lust auf oben erwähnte Familienunternehmungen. Beziehungsweise wenn, dann nur die erste halbe Stunde. Und da ist es auch relativ egal, WO wir hinzugehen gedenken.
Svenja bekommt erzählt, was wir als Nächstes für einen Ausflug planen. Wir sagen also: „Hast du Lust, mal wieder mit in den Zoo zu gehen?“ (eigentlich eine eher rhetorische Frage, denn wo wir hingehen muss sie ja meistens zwangsläufig mit). Dann ist sie meistens Tage vorher schon voller Vorfreude. Der „Ausflugs-Tag“ selbst läuft dann meistens so:
Svenja findet es morgens generell doof, früh aufstehen zu müssen und fragt deshalb die erste halbe Stunde in regelmäßigen Abständen, ob sie nicht noch ein wenig länger schlafen darf und warum sie jetzt schon wach sein muss. Ich spiele also den Animateur und mache ihr den bevorstehenden Tag so richtig schmackhaft.
Wenn sie dann geschniegelt und gebügelt in ihrem Autositz sitzt, passiert meistens das nächste Kuriosum:
Wenn sie Ferien hat, frühstückt dieses Kind meist erst gegen Mittag, während der Schule kann es passieren, dass sie noch nüchtern wieder nach Hause kommt. Wenn wir allerdings unterwegs sind und irgendwo hin wollen ist sie 500 Meter weiter an der ersten Kreuzung fast verhungert und hat mehr Durst als meine Blumen im Hochsommer. Sollte man, jetzt noch eine ca. einstündige Fahrt geplant haben muss man das gute Kind also dementsprechend bei Laune halten und vertrösten. Am Ziel angekommen wird sie in ihr Gefährt verfrachtet und dann könnte es eigentlich losgehen. Ach nein, vorher muss sie noch dringendst vorm Hungertod bewahrt werden. Am liebsten mit Fast Food oder Käsekuchen, mitgeführte Leckereien zählen da natürlich nur äußerst selten. Und es wäre ja auch nicht so, dass Svenja beim Essen die Schnellste wäre. Aufgrund ihrer Behinderungen geht alles ein wenig langsamer und so beginnt der eigentliche Ausflug meist sehr viel später als wieder mal erhofft.
Nach dem die Laune dank Zucker- und Kalorienzufuhr wieder gehoben wurde kann´s dann endlich losgehen. Wir schieben Svenja freudig-entspannt von Gehege zu Gehege, zeigen ihr die schönsten und exotischsten Tiere und merken schnell: Unser Kind hat schon nach der zweiten Giraffe und dem dritten Nashorn keine wirkliche Lust mehr. Und lässt uns das auch deutlich spüren. Spätestens jetzt ertönen nämlich so Sätze wie „gehen wir dann wieder?“, „ich will heim in mein Bett“, „ich hätte da noch was am IPad zu tun“ (MEIN Lieblingssatz im Übrigen), „mir ist zu kalt“, „mir ist ganz schön heiß“, „wollt Ihr jetzt noch irgendwo hin??“, „können wir noch ein Eis essen gehen?“ und so weiter und so weiter.
Spätestens nach einer Stunde klopft mein Hirn an der Schädeldecke und mein Mann bläst in schöner Regelmäßigkeit die Backen auf. Irgendwann gibt selbst der stärkste Geist auf und wir streichen erschöpft die Segel. Sobald wir wieder im Auto sitzen strahlt Svenja über alle vorhandenen Backen und ist der Meinung, dass das doch wieder mal ein Spitzentag war. Während ihre Mutter erschöpft den Hinterkopf an die Kopfstütze krachen lässt. Und so geht es uns in schönster Regelmäßigkeit bei allen Ausflügen, selbst im Urlaub behält sie stur diese „Ausflugs-Eloquenz“ bei.
Wieder daheim sinkt sie freudestrahlend in die Kissen, lässt sich ihr IPad und was zu trinken bringen und fragt dann meist allen Ernstes, wann wir denn den nächsten Ausflug machen.
Ihr seht also, Ausflug ist bei Weitem nicht gleich Ausflug und Familien-Unternehmungen sind nun mal in JEDER Familie anders. Aber auch wir schaffen auf diese Art und Weise Erinnerungen für uns und für Svenja, die sonst keiner hat. Auch wenn ich bei nach jedem Heimkommen davon überzeugt bin, dass der nächste Ausflug getrost noch eine Weile auf sich warten lassen darf.
Wie handhabt Ihr das mit Familien-Unternehmungen? Wen nehmt Ihr alles mit und was sind so Eure liebsten Ausflugsziele? Und Hand aufs Herz: Mögt Ihr solche Ausflüge oder seid Ihr eher am Ende des Tages ziemlich genervt und erschöpft?
Ich freue mich auf Eure Meinungen, bis zum nächsten Mal, Eure Muddi
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