Heute freue ich mich ganz besonders auf meinen Interviewpartner. Nennen wir ihn mal Peter X., der Name wurde von der Redaktion geändert. Peter X. ist Samenspender und hat sich freundlicher Weise bereit erklärt uns Einblick in seine Beweggründe und Erfahrungen als Samenspender zu geben.
BARRIO: Lieber Peter, ich freue mich sehr, dass wir dieses Interview machen können. Du hast mir erzählt, dass Du Samenspender bist. Wie ist es dazu gekommen, dass Du Samenspender geworden bist?
Peter X: Vor Jahren habe ich eine Anfrage von einen Paar bekommen, ob ich helfen könnte, da der Mann unfruchtbar war und sie keine Kinder bekommen konnten. Mußte erstmal überlegen und wußte nicht, ob ich zeugungsfähig bin. Dann habe ich die rechtliche Seite angeschaut und mich da informiert. Als nächstes habe mich auf einer Samenbank zu einer Untersuchung angemeldet und ein Gespräch mit einem Arzt gehabt. Nach einigen Tests und Untersuchungen wurde ich dann bei der Samenbank aufgenommen und so hat meine Laufbahn als Samenspender begonnen.
BARRIO: Hat das Samenspenden einen finanziellen Hintergrund?
Peter X: Nein, es gab keinen finanziellen Hintergrund. Als ich noch auf der Samenbank Samen gespendet habe, bin ich für meine Spende entlohnt worden. Es gibt einen sehr großen Bedarf an Samenspendern, da eine immer größer werdende Nachfrage an Samen besteht. Heute bin ich auf Familyship tätig. Hier wird man nicht nach Samenspenden bezahlt, sondern ich bekomme meine Unkosten und Auslagen bezahlt für die Fahrten zu den Frauen oder Paaren und alles, was damit in Zusammenhang steht.
Als Samenspender kennt Peter heute die Frauen
BARRIO: Machst Du Deine Samenspenden als anonymer Samenspender oder kennst Du die Frauen, denen Du Samen spendest?
Peter X: Früher als Samenspender über die Samenbank war alles anonym, heute kenne ich die Frauen, denen ich Samen spende. Wir haben nachdem der Kontakt über die Plattform zustande gekommen ist, erstmal telefonischen oder Email Kontakt, bis sich beide Seiten darüber einig sind, ob wir das gemeinsam machen wollen. Wenn es zum Samenspende gekommen ist, hält man auch danach noch Kontakt. Ich erfahre, ob die Frauen schwanger geworden sind, ob es ein Junge oder ein Mädchen geworden ist, ob die Kinder gesund sind und wie es ihnen geht. Es ist für mich auch wichtig zu wissen, dass alles glatt läuft und es den Kindern von mir gut geht, auch wenn ich nicht als ihr Vater in herkömmlichen Sinne in Erscheinung trete und an ihrer Erziehung beteiligt bin.
Auch wenn die Kinder bereits älter sind bekommen ich regelmäßig ein oder 2 Mal im Jahr eine mail, um upgedated zu werden und zu wissen, wie es ihnen geht. Gerade habe ich zum Beispiel eine email aus Canada bekommen, 2 der Kinder, die durch meine Samenspende entstanden sind, sind dorthin umgezogen und die Mutter hat mich wissen, lassen, dass alles gut geklappt hat und es allen gut geht.
BARRIO: Wie oft warst Du schon als Samenspender tätig?
Peter X: Ich bin seit 11 Jahren Samenspender, das waren schon einige Male. Massenspender sind auch sehr zuverlässig, da man weiß, dass sie gut zeugungsfähig sind, im Vergleich zu einem Einzelspender.
BARRIO: Wie kann man sich das vorstellen, wie laufen die Samenspenden ab?
Peter X: Man lernt sich erst grob kennen, tauscht Fotos und Infos aus und wenn es für beide Seiten stimmig ist, trifft man sich ganz unverbindlich. Bei dem Treffen werden Atteste und Untersuchungsergebnisse ausgetauscht. Ich lasse mich selbst regelmäßig testen, angefangen von HIV bis hin zu Chlamydien. Ich erwarte aber natürlich auch von den Frauen, dass diese getestet sind, um kein gesundheitliches Risiko einzugehen.
Wenn man sich dazu entscheidet gemeinsam den nächsten Schritt zu gehen, wird besprochen wie man weiter verfahren wird, wann wieder ein Eisprung sein müßte und so weiter. Bei den Spenden selbst sind 80% natürliche Samenspenden. Nicht alle Frauen, werden sofort bei der 1. Spende gleich schwanger, dann muß man es eben wiederholen, solange bis es geklappt hat.
Natürliche Spenden sind für die Frauen ein angenehmerer Rahmen als die Samenspenden in Reproduktionskliniken, wo alles nach Schema F und super klinisch abläuft. Manche Frauen müssen dort mehrfach hinfahren. Es ist immer mit einem hohen Streßfaktor und natürlich auch einen großen finanziellen Aufwand verbunden.
BARRIO: Wo kommen die Frauen her, denen Du Samen spendest?
PeterX: Zum Großteil aus Deutschland, der Schweiz und Österreich.
BARRIO: Wie fühlt es sich an zu wissen, dass es einige Kinder von Dir gibt, die durch Deine Samenspende entstanden sind?
Peter X: Ich bin beruflich sehr eingespannt, so dass ich nicht ständig an die Kinder denke. Ich mache mir da keine großen Gedanken, sonst könnte ich wohl auch kein Samenspender sein. Aber ich finde es schön hin und wieder mit den Müttern in Kontakt zu sein und zu hören, wie es den Kids geht.
BARRIO: In Deutschland werden Samenspender in Reproduktionskliniken registriert, damit die Kinder später Kontakt zum leiblichen Vater aufnehmen können, wenn sie dies wollen. Für private Samenspender gilt das Gesetz nicht. Wie ist das in Deinem Fall, willst Du den Kindern die Möglichkeit geben Dich kennenzulernen?
Peter X: Da ich bereits als Samenspender auf der Samenbank registriert war, sind dort auch meine Kontaktdaten hinterlegt, damit die Kinder, wenn sie 18 Jahre alt sind und den Wunsch haben mich kennenzulernen mit mir in Kontakt treten können. Man hat mir gesagt, dass das bei ungefähr der Hälfte so sein könnte. Die Ältesten sind jetzt ca. 11 Jahre alt, es dauert also noch ein bisschen bis es soweit ist.
Bei den privaten Spenden, die ich heute mache, haben die Mütter meine Kontaktdaten und stehen weiterhin mit mir in Kontakt, so dass die Kinder mich auch später kennenlernen können, wenn sie möchten. Ich denke es ist wichtig seine Wurzeln zu kennen. Ich mache mir noch keine Gedanken darüber, wie es dann mal sein wird, wenn die Kinder sich melden, aber ich denke das wird auch für mich spannend, wenn es soweit ist.
Wenn sich die Mütter melden, um mir zu sagen, dass sie schwanger sind und ob es ein Junge oder Mädchen wird, finde ich das immer super und ich habe Interesse daran, wie alles läuft. Viele der Frauen sind auch sehr dankbar, dass ich es ihnen ermöglicht habe, ihr Wunschkind zu bekommen.
BARRIO: Darf ich nach Deiner familiären Situation fragen? Wie alt bist Du? Bist Du verheiratet oder lebst in einer Beziehung? Hast Du selbst Kinder?
Peter X: Klar, ich bin 37 Jahre alt und im Moment Single. Eigene Kinder, die bei mir leben, habe ich keine. Wenn ich eine Frau kennenlerne, erzähle ich ihr natürlich nicht gleich beim 1. Treffen, dass ich Samenspender bin, aber nach einer Weile finde ich, dass sie es wissen sollte, das macht es dann nicht immer leicht. Wenn ich in einer festen Beziehung lebe, spende ich in dieser Zeit keine Samen oder beantworte neue Anfragen.
Ob ich eines Tages heiraten werde und eigene Kinder haben, das kann keiner sagen, wir werden es sehen. Ich habe auf jeden Fall nicht den dringenden Wunsch, dass ich unbedingt ein Kind in die Welt setzen muss, um etwas in der Welt zu hinterlassen. Könnte mir auch eine Partnerschaft mit einer Frau, die schon Kinder hat, gut vorstellen.
BARRIO: Du hast sicherlich schon von Co-Parenting gehört. Wäre das auch eine Option für Dich?
Peter X: Ja, davon habe ich bereits gehört, aber für mich kommt das eher nicht in Frage. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es dabei zu einigen Problemen kommt, wenn man sich dann wirklich kennenlernt und sich im Alltag als Eltern bewähren muss. Oft sind das auch lesbische Paare und wenn dann noch ein Mann als Vater des Kindes hinzukommt, stelle ich mir das mit 3 Leuten eher schwierig vor. Eine Bekannte von mir, die jetzt im 3. Monat schwanger ist, hat vor Jahren ein Kind mit jemandem aus ihrem Bekanntenkreis bekommen und sie erzählt immer, dass es da heute sehr viele Probleme gibt.
BARRIO: Ich könnte mir gut vorstellen, dass Kinder irgendwann in die Situation kommen werden, dass sie mehr über ihre Wurzeln erfahren wollen. Wissen wollen von wem sie die blauen Augen haben oder ein gewisses Talent etc. Was denkst Du diesbezüglich?
Peter X: Ja, das glaube ich auch, dass einige der Kinder ihre Wurzeln kennenlernen wollen. Bin mal gespannt, wie das dann läuft. Viele Mütter sind sehr dankbar, wenn sie durch mich schwanger haben werden können, denke auch, dass die Kinder dankbar sind, denn durch mich war es möglich, dass sie auf die Welt gekommen sind.
BARRIO: Darf ich Dich fragen, ob Du im Moment gerade Anfragen zur Samenspende hast?
Peter X: Ja klar, das darfst Du. Im Moment habe ich gerade 11 Anfragen. Am Jahresanfang ist das immer vermehrt. Wir sind dabei gegenseitig Informationen etc. auszutauschen, um dann zu sehen, ob beide Seiten weiterhin Interesse haben. Ich denke mal aus 6 Anfragen wird am Ende etwas werden.
BARRIO: Was kommt bei Dir bei Anfragen nicht in Frage?
Peter X: Ich will auf jeden Fall keine Partnerschaft, auch Rechte und Pflichten möchte ich keine haben.
BARRIO: Welche Frauen wenden sich denn mit einer Anfrage an Dich?
Peter X: Das ist sehr unterschiedlich, das sind sowohl lesbische Frauen als auch lesbische Paare. Aber auch heterosexuelle Paare, die keine Kinder bekommen können.
Der größte Teil sind im Moment Single-Frauen, sehr oft Frauen, die bislang Karriere gemacht haben, und dann feststellen, dass sie aber auch noch ein Kind haben möchten, weil sie eines Tages etwas zurücklassen möchten auf Erden. Diese Frauen sind unabhängig und können es sich finanziell leisten ein Kind alleine groß zu ziehen. Einige Frauen wenden sich auch bereits zum 2. Mal an mich und möchten für das 1. Kind, was sie durch meine Samenspende bekommen haben, noch ein Geschwisterkind haben. Der Rekord liegt bei 4 Geschwisterkindern.
BARRIO: Gibt es sonst noch etwas, was Du uns aus Deiner Samenspenderpraxis erzählen möchtest?
Peter X: Ja, interessant finde ich vielleicht auch die Tatsache, dass es sich bei den Kindern um absolute Wunschkinder handelt. Jedes der Kinder, was durch meine Samenspende in die Welt gekommen ist, ist lange und gut geplant worden. Die Mütter wünschen sich nichts mehr als ein Kind, das sie ganz bewußt planen und dann auch voller Vorfreude und Liebe bekommen.
BARRIO: Ich danke Dir für dieses interessante und offene Interview. Ich persönlich finde es super wichtig, dass wir Samenspender, wie Dich in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben, und nicht alle Frauen, die schwanger werden wollen aber keinen Partner haben ins Ausland gehen müssen.
Peter x: Gerne. Hat mich gefreut. Wenn es noch Fragen gibt, lassen Sie es mich wissen.