Wie ist es zu diesem gemeinsamen Buch-Projekt mit Bärbel Oftring gekommen?
Wenn man als Freiberufler arbeitet, ist es oft so, dass man die Kunden, mit denen man arbeitet, gar nicht persönlich kennenlernt, sondern vieles über Mail und Telefon läuft. Hier war es so, dass der Kontakt über den Gerstenberg Verlag zustande kam. Ich flirte seit ein paar Jahren schon mit dem Gerstenberg Verlag, da ich deren Bücher so schön finde. Ich habe immer mal Postkarten zu Weihnachten geschickt, war auf der Buchmesse und habe dort den Verlagsstand besucht. Irgendwann habe ich ihnen mal einen selbstillustrierten Kalender geschickt. Auf einem der Kalenderblätter ist eine Wolfsillustration zu sehen, welche sie wohl sehr mochten. Als dann dieses Wolfsprojekt aufkam, haben sie an mich gedacht und gemeint, sie hätten meinen Kalender mit der Wolfsillustration noch auf dem Schreibtisch stehen. Das hat mich gerührt. Dass Frau Oftring, dieses Buch geschrieben hat, hat mich sehr gefreut.
Wie haben sie sich darauf vorbereitet die Welt der Wölfe darzustellen?
Ich bin mit Hunden aufgewachsen, mein einer Hund war sehr wölfisch, ein großer Schäferhund-Mischling. Ich fand daher Wölfe schon immer sehr faszinierend. Als mir der Verlag dann das Thema vorgeschlagen hat, konnte ich mein Glück kaum fassen, weil es ein sehr schönes Thema für mich ist. Naturschutz, Tierschutzthemen und überhaupt Tierthemen finde ich ganz toll. Zur Vorbereitung habe ich sehr viel Dokumentationen über Wölfe geguckt. Da ich mich nicht wie Frau Oftring inhaltlich vorbereiten muss, sondern mich hauptsächlich auf die Illustrationen konzentrierte, war es für mich wichtig mir viele Wolfs Dokus/Filme anzusehen, um die Bewegungsabläufe besser studieren zu können. Ich habe also unglaublich viel Bildmaterial konsumiert.
Wie war der Kontakt zur Autorin im Hinblick auf die Illustrationen?
Sehr entspannt. Das Konzept ist in einem Dreier-Ping-Pong mit dem Verlag entstanden und im Prinzip war es dann so, dass Frau Oftring gesagt hat, auf welcher Seite, was passieren soll, das heißt sie hatte konkrete Vorstellungen, auf welcher Seite welche Tierinteraktionen dargestellt werden sollten.
Wie kann man sich das Entstehen einer Illustration dieser kraftvollen Tiere vorstellen?
Mein erster Schritt nachdem ich die Vorstellungen der Autorin und des Verlags kannte, war es kleine zigarettenschachtelgroße Skizzen anzufertigen, die schon fast Strichmännchenniveau hatten, um zu zeigen wie der spätere Bildaufbau aussehen könnte. Bei diesem Buch haben wir als Besonderheit aufklappbare Seiten, was in der Konzeption des Bildaufbaus sehr spannend ist. Ich war sehr frei in der Gestaltung der Aufklappseiten, dafür bin ich sehr dankbar. Ich wusste zwar, was dargestellt werden sollte und z.B. wie viele Wölfe abgebildet sein sollten, aber den Rest konnte ich frei gestalten. Nach der ersten Illustrationsidee übernahm der Verlag eine Art Vermittlerrolle zwischen Frau Oftring und mir. Der Verlag bekommt von mir die Ideenskizze, schaut sie sich an und leitet sie an Frau Oftring weiter, sie kann dann z.B. sagen: „So habe ich mir den Wolf nicht vorgestellt, können wir den noch etwas freundlicher machen oder kann er noch mehr mit den Welpen spielen?“, eben alles, was ihr wichtig ist.
Dann bekomme ich die Korrektur zurück und ändere es. Bei Abnahme dieser Idee wird die Vorzeichnung gemacht, wo quasi alles mit Bleistift in schön gezeichnet wird, so wie es nachher auch koloriert wird. Das heißt, die Seite existiert als Schwarz-weiß Zeichnung, bevor der nächste Schritt folgt. Diese Zeichnung bekommt der Verlag geschickt und der Prozess wiederholt sich. Bei Änderungswünschen wird korrigiert und angeglichen. Die Zusammenarbeit mit dem Verlag und der Autorin war sehr angenehm.
Danach koloriere ich das Ganze und schicke es erneut an den Verlag, nun werden eigentlich nur noch Kleinigkeiten angepasst, z.B. das Abändern einer Farbe.
Ich arbeite 50/50 Analog und Digital. Ich mache alle Zeichnungen per Hand, da mein Strich dann lockerer wird, wenn ich per Bleistift oder Kohlestift arbeite anstatt mit dem Zeichenprogramm auf meinem Tablett. Koloriert wird das Ganze dann mit Photoshop, wobei es mir extrem wichtig ist, dass die Illustrationen nicht den flachen, digitalen Charakter bekommen, sondern einen Aquarell-Touch, den ich durch das Einsetzen verschiedener Pinselarten und Texturen erreiche. In dieser Kombination aus Photoshop und Handzeichnung sind Korrekturen deutlich leichter vorzunehmen, als wenn man alles analog malt. Die Illustration, wie man sie am Ende sieht, gibt es also so eigentlich gar nicht als analoges Original. Jeder Wolf, jeder Rabe und jedes Reh werden einzeln gezeichnet und auch der Hintergrund wird separat angelegt. Mit Hilfe von Photoshop werden im Anschluss die Einzelteile zusammengelegt. So haben der Autor und der Verlag immer noch die Möglichkeit z.B. einen Wolf leicht in seiner Position zu verschieben oder Ähnliches.
Fantastisch sind auch die ausklappbaren Seiten, die dem Dargestellten gleich den nötigen Platz einräumen und die Szenen eindringlicher wiedergeben. Wie sind Sie auf diese fantastische Idee gekommen?
Ich habe schon als Kind Bücher mit Aufklappseiten heiß und innig geliebt. Die Idee kam vom Verlag, weil sie bereits mit einem anderen Autor*Innen und Illustrator ein ähnliches Buch veröffentlicht hatten. Das war ein cooles Konzept und wir mussten nur noch einige Kleinigkeiten an unser Wolfsbuch anpassen. Z.B. war es sehr spannend mir zu überlegen in welche Richtung die jeweiligen Seiten aufklappbar sind, damit es Inhaltlich am besten passt.
In einem anderen Projekt haben Sie Schautafeln zum Jagdverhalten von Walen und Delfinen des LWL-Museums gemacht oder ein Dino Quiz. Liegen Tierdarstellungen ihnen besonders?
Ja, mir liegen Tierdarstellungen besonders. Ich finde sie sehr spannend zu zeichnen, die Recherche ist toll, ich bin mit Tieren aufgewachsen und mir fällt es auch leichter sie darzustellen. Ich habe das Gefühl, dass ich Tiere besser einfangen kann als Menschen. Aber natürlich zeichne ich auch Menschen, ich habe ja vor dem Wolfsprojekt ein Buch über die unterschiedlichen Bestattungsriten verschiedener Kulturen illustriert.
Oftmals sind Tierdarstellungen entweder sehr wenig detailgetreu und bleiben an der Oberfläche oder sehr wissenschaftlich, aber nicht so wie Ihre Illustrationen, wo man das Gefühl hat selbst die Emotionen greifen zu können.
Oh, das freut mich! Das kann daran liegen, dass ich einen sehr ausdrucksstarken Hund hatte, mit dem ich aufgewachsen bin. Er hatte enorm viel Mimik und Tiere reagieren emotional auf einen, als tiernaher Mensch kann man das gut einfangen. Bei Wildtieren ist das nochmals anders und man muss aufpassen, dass man keine Emotionen hineinprojiziert.
Was geht in einem vor, wenn man durch seine Arbeit diese beeindruckenden Tiere zum Leben erweckt?
Oh, (lacht) man sieht seine eigene Arbeit schon noch anders, als ein Außenstehender das tut, einfach weil man so viel und so oft darauf schaut. Das Projekt hat mich auch sehr lange begleitet, ungefähr 1,5 Jahre, es ist in die Verlängerung gegangen. Dadurch lief alles länger als geplant. Wenn man immer wieder auf die eigenen Sachen schaut, sieht man das ganz anders als andere. Wenn ich jetzt das Belegexemplar in der Hand halte, erfüllt mich das mit unglaublichem Stolz, man sieht die Veredelung, wie es aufklappt, wie es riecht und sich anfühlt und das fühlt sich ein bisschen so an, als wenn man sein Baby in der Hand hält. Von den Illustrationen her ist es schon so, dass man die Sachen anschaut, einige ganz toll findet, aber bei anderen sieht man den Kampf, den man mit den Bildern hatte, immer noch. Man schaut sich ja die eigenen Sachen in der Regel nicht an und sagt „Ah, ist das schön geworden“, sondern eher mit einem kritischen Blick und man denk an manchen Stellen, da würde ich es das nächste Mal so oder so machen.
Mein alter Mallehrer hat mal gesagt, das Schöne am Illustrator sein, ist, dass man niemals auslernt. Die eigene Entwicklung geht immer weiter, es ist nicht so, dass man mit dem Studium fertig ist und kann es dann, man entwickelt sich immer weiter und man wächst natürlich durch die kleinen Kämpfe, die man mit manchen Illustrationen hat, unglaublich. Dann fallen sie einem das nächste Mal leichter und man ist noch zufriedener mit sich selbst und seiner Arbeit. Ich bin mit dem Buch sehr zufrieden und es gefällt mir sehr gut. Ich durfte sehr frei sein bei diesem Projekt und das merkt man, glaube ich auch. Mein Herz hängt sehr an dem Buch und ich glaube, man sieht es den Illustrationen an. Man merkt, ob es dem Illustrator große Freude gemacht hat etwas zu illustrieren oder ob es eher eine Pflichtaufgabe war.
Was macht für Sie eine gute Illustration für ein Kinderbuch aus?
Das ist zum einen eine Geschmacksfrage und dann sieht mein Auge Illustrationen auch anders als der Ottonormalverbraucher. Ich mag nicht so gerne so knallige Sachen, zum Beispiel, wenn der Rasen quietschgrün und der Himmel knallblau ist. Mir gefallen harmonische und etwas freiere Illustrationen.
Ihre Bilder sind ja eher etwas träumerischer, wo kommt das her?
Wahrscheinlich aus mir selbst. Ich mag verträumte Illustrationen, aber auch starke Bilder. Starke Illustrationen lebe ich aber eher mit anderen Stilen aus, eher mit dem Holzschnitt.
Ich habe mir die Frage auch schon gestellt, denn selbst wenn ich mir vornehme, heute mache ich eine richtig krasse Illustration, die mir um die Ohren knallt, stelle ich am Ende fest, dass sie doch wieder total verträumt ist. Und ich frage mich, wie das denn wieder passiert ist. Manchmal weiß ich es ehrlich gesagt nicht, es kommt aus mir heraus und ist nicht wirklich steuerbar. (Lacht)
In „Wölfe“ ist diese Kombination aus Realismus und Verträumtheit einfach genial und macht einen Teil des Buchs aus, da die Illustrationen sehr in die Tiefe gehen und man auch nach dem Anschauen und Lesen noch merkt, dass das Buch weiter arbeitet. Es ist ein sehr außergewöhnliches Buch.
Das freut mich.
Bilder: Theresa Schwietzer
Die Rezension zum neuen Buch “Wölfe” findet Ihr um 12 Uhr bei uns im Magazin.