Heute erfahrt ihr, wie es mit der kleinen Emma auf der Intenvisstation für Frühchen weitergegangen ist…
Peter kommt kurze Zeit nach dem Kaiserschnitt bei uns auf der Früchenintensivstation an. Der Schreck und die Sorge um seine Frau und sein winziges Töchterchen ist ihm ins Gesicht geschrieben. Alles ist so anders als er sich den Start seiner kleinen Familie vorgestellt hat.
Gerätemedizin der Intensivstation erschreckt den jungen Vater
Er sieht nun andere Frühgeborene in ihren Inkubatoren liegen, die Geräte blinken und piepsen und ein geschäftiges Rennen von Ärzten und Kinderkrankenschwestern begleitet die für ihn völlig neue Situation. Aber er sieht auch Eltern, die ruhig mit einem eingewickelten Bündel auf der Brust neben den Inkubatoren sitzen und leise singen oder beruhigend sprechen. Dünne Schläuche sind mit den Bündeln verbunden. Für ihn ist das alles zu viel. Als ich ihn begrüßen darf, sehe ich einen Mann vor mir, dem die Tränen das Gesicht herunterrennen und in seinen Augen stehen große Fragezeichen und Furcht.
Meine Aufgabe ist es nun ihm liebevoll und zuversichtlich unsere Welt auf der Frühchenintensivstation zu zeigen. Er sieht zum ersten Mal seine kleine Emma, die sich bereits vom Stress der letzten Tage in ihrem Inkubator ausruht und friedlich schläft. Sie hat einen Infusionszugang an ihrem Köpfchen und eine Sauerstoffüberwachung an ihrem kleinen Füßchen angebunden. Sie hat Elektroden auf ihrem Brustkorb kleben, die den Puls und ihren Herzschlag überwachen. Das sieht zuerst einmal furchtbar und schmerzhaft aus, aber das ist es nicht. Der Infusionszugang am Kopf besteht aus einem kleinen Schläuchlein, das die Möglichkeit gibt Emma mit den wichtigsten Nähstoffen und Medikamenten zu versorgen. Am Kopf des Babys gibt es eine Vene, die besonders leicht zugänglich ist. Mit einer Nadel wird die Haut punktiert und das Schläuchlein wird in die Vene vorgeschoben. So haben die Kinder mehr Bewegungsfreiheit und nur einen kurzen Moment Schmerz, wenn die Haut punktiert wird.
Schläuche und Sonden
Die Sonde, die den Sauerstoff misst, ist auf der Haut am Fuß angelegt und mit einem Verband umwickelt. Sie dient dazu den Sauerstoffgehalt zu überwachen und sobald der Sauerstoffwert unter einen bestimmten Grenzwert fallen sollte, gibt der Monitor ein warnendes Piepsen von sich. Die betreuende Kinderkrankenschwester flitzt zum Kind und kontrolliert, warum der Sauerstoff gerade nicht ausreicht. In den meisten Fällen hat sich nur die Sonde verschoben, aber ein echter Abfall der Sauerstoffsättigung kann auch ein Hinweis auf eine beginnende Infektion des Atemtracktes sein. Peter steht sprachlos vor dem kleinen Menschlein, seinem Töchterchen. Er hat Fragen über Fragen.
Emma reagiert sofort auf ihren Vater und seine Stimme
Zum Glück haben wir auf unserer Station genügend Kinderkrankenschwestern und ich versorge nur zwei Kinder und ihre Eltern. Gerade wenn neue kleine Patienten ankommen, gibt mir dieser hohe Schwesternschlüssel ausreichend Zeit wirklich für die Eltern anwesend zu sein. Ich habe genügend Zeit für Peter, um ihm all seine Fragen zu beantworten. Ich merke, dass ihm das Gespräch gut tut. Er wird ruhiger, seine Angst nimmt deutlich ab. Nach ca. 1 Stunde ist er in der Lage Kontakt zu seiner Tochter aufzunehmen und seine Konzentration ist nun ganz bei ihr. Nachdem er sich die Hände desinfiziert hat, Uhr und Ringe abgelegt hat, greift er zum ersten Mal in den Inkubator und berührt die seidenweiche Haut seines Kindes. Er spricht ganz leise mit Emma und begrüßt sie auf dieser Welt. Emma reagiert deutlich auf die Stimme ihres Vaters und die bis dahin noch erhöhte Pulsfrequenz, die das schnelle Schlagen ihres kleinen Herzchens anzeigt wird langsamer.
Ein erstes Foto für die Mama
Nach ca. 10 Min schließen wir das Fenster von Emmas Inkubator wieder um einen Temperaturabfall zu vermeiden. Wir machen ein erstes Foto von Emma. Peter nimmt es mit zu Ida. Er wird sie auf ihren ersten Besuch bei uns vorbereiten und ihr das erste Foto ihres Kindes mitbringen. Sobald Ida sich etwas erholt hat, wird Peter sie mit dem Rollstuhl zu Emma und uns auf die Frühchenintensivstation bringen. Ich werde beiden beibringen wie das „känguruhen“ mit Emma geht, davon erzählen wie wichtig die Muttermilch für Emma ist und wie es am besten gelingt Emma die Muttermilch zu geben.
Insgesamt darf ich Peter, Ida und Emma 3 Wochen begleiten. In dieser Zeit gelingt es, dass Emma das Körpergewicht erreicht, um den Inkubator zu verlassen, in einem normalen Babybettchen auf der Säuglingstation zu liegen und keine Intensivbetreuung mehr zu benötigen. Leider gehen wir miteinander auch durch eine schwerwiegende Lungenentzündung, die Emma am 2. Tag nach der Geburt entwickelt. Aber alles geht gut.
Emma ist heute 10 Jahre alt und ein tolles Mädchen
Heute ist Emma schon 10 Jahre alt und hat sich prächtig entwickelt. Man kann ihr den schwierigen Start nicht mehr ansehen. Sie ist eine Kämpfernatur, wie sie schon in ihren ersten Lebenstagen gezeigt hat. Nun habe ich fast die Ursache, die den vorzeitigen Blasensprung bei Ida ausgelöst und zu Emmas früher Geburt geführt hatte vergessen. Ida hatte eine unbemerkte bakterielle Infektion der Harnwege. Diese Bakterien waren auch in den Geburtskanal eingedrungen und haben den vorzeitigen Blasensprung ausgelöst.
Ida hatte anfänglich mit schweren eigenen Schuldvorwürfen zu kämpfen. Das hatte ihr den Zugang zu ihrem Kind schwer gemacht. Als diese eigenen quälenden Selbstzweifel gelöst werden konnten, konnte Ida die Situation annehmen und die Liebe zur kleinen Emma fließen lassen. Das waren besonders berührende Momente und ich bin dankbar, dass uns das gelungen ist.
Die Geschichte von Ida, Peter und Emma ist frei gestaltet. Ich habe sie aus vielen Geschichten aus meiner langjährigen Erfahrung (1985-2010) als Frühchenintensiv-Kinderkrankenschwester für euch zusammengesetzt. Sollte es eine zufällige Übereinstimmung mit einer wahren Geschichte geben, so ist das nicht beabsichtigt.
Liebe Grüße Stefanie
Foto: shutterstock.com
Hier erzählt eine betroffene Mutter von ihrem Extremfrühchen