Warum ist es wichtig, mit Kindern über Adultismus zu sprechen?
Wie äußert sich Adultismus?
Adultismus äußert sich in Haltungen und Äußerungen von Erwachsenen Kindern gegenüber. Das Kind wird objektiviert, ihm wird Selbstbestimmung abgesprochen und es wird in seinem Handlungsspielraum eingeschränkt. So wird es auf eine andere Stufe gestellt als Erwachsene. Das passiert oft unbewusst und sorgt beispielsweise für eine plötzliche Distanz zwischen dem Elternteil, der die Macht inne hat, und der abhängigen Person, dem Kind. Dieses Machtgefälle kann letztlich für das Kind sogar gefährlich werden.
Wie können wir über Adultismus sprechen?
Wenn wir mit unseren Kindern über Adultismus sprechen, müssen wir eines bedenken: Die Art, wie wir mit unseren Kindern sprechen, ist wahrscheinlich selbst adultistisch. Wir alle haben ziemlich sicher internalisierten Adultismus in uns und wir alle neigen dazu, Kinder anders zu behandeln als andere Menschen. Wenn wir nicht reflektieren, dass wir mit Kindern anders kommunizieren, können wir die harmlosen oder sogar sinnvollen Aspekte dieser Kommunikation nicht von denen unterscheiden, die adultistisch sind.
Dabei ist wichtig: Dein Kind ist nicht deine Freundin oder dein Partner. Du wirst mit ihm also nicht so sprechen wie mit einem Erwachsenen. Aber genauso wie du mit jedem Menschen ein bisschen unterschiedlich kommunizierst (abhängig von der Art eurer Beziehung usw.), sprichst du auch mit deinem Kind so, wie es die Situation und das Klima eurer Beziehung zulässt. Elterliche Verantwortung und eine friedvolle Kommunikation gehen prima zusammen. Ganz ohne, dass dein Kind in eine Rolle gedrängt wird, die es nicht ausfüllen kann. Es geht hier mehr um die Haltung als um die konkreten Inhalte, über die ihr sprecht. Denn klare Kommunikation ist etwas Gutes. Wir können klar und kindgerecht kommunizieren und unsere Kinder dabei trotzdem als gleichwürdige Menschen behandeln.
Der erste Schritt
Ähnlich wie bei Rassismus, Homophobie oder Ableismus beginnt der erste Schritt mit uns. Wir müssen uns eingestehen, dass wir unsere Kinder gedanklich und sprachlich abwerten. Adultismus – das sind nicht die anderen. Das sind nicht die bösen verstaubten Erziehungstipps, das sind auch wir. Das zu erkennen, tut weh.
Aber es ist wichtig. Erst, wenn wir uns trauen, hinzuschauen und wenn wir wirklich wissen, wo wir stehen, können wir etwas ändern und auch unseren Kindern verständlich machen, warum wir und andere Erwachsene so reden, wie sie es tun. Erst, wenn wir ehrlich mit uns selbst sind, können wir unsere inneren Glaubenssätze aufdecken und dagegen angehen. Das kostet Kraft und Mut. Deshalb ist es so wichtig, dass wir ehrlich mit uns sind. Wir müssen uns fragen: „Was denke ich wirklich?“, aber auch: „Kann ich diese Frage gerade aushalten?“ Wir müssen mit unseren Kräften haushalten. Das Wichtige ist, dass wir uns auf den Weg machen. Dass wir damit beginnen, uns zu hinterfragen. Jeder Schritt, den wir in Richtung friedvolle Elternschaft tun, hilft. Uns und allen anderen.
Was können wir gegen Adultismus tun?
Liebevoll sein.
Friedvolle Elternschaft beginnt vor allem damit, dass wir mit uns selbst liebevoll sind. Dass wir unsere Fehler sehen und uns trotzdem nicht verurteilen. So können wir an uns arbeiten, ohne uns selbst zu beschämen. Das Problem ist, dass viele von uns nicht gelernt haben, Lernprozesse liebevoll zu begleiten. Wir haben gelernt, Perfektion zu erwarten. Aber niemand von uns ist perfekt. Wir sind alle im Prozess. Entwicklung ist ein Mosaik – in manchen Bereichen haben wir schon einiges verstanden, in anderen fangen wir gerade erst an.
Und das ist ok so.
Olaf Bernstein schreibt für BARRIO zu allen großen und kleinen Themen des Elternalltags. Weitere Gedanken findet ihr auf seinem Blog, bei Instagram oder bei Twitter.