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Erstmal möchte ich mich bei Ihnen beiden, liebe Frau und Herr Stohner, ganz herzlich bedanken, dass Sie sich die Zeit für das Interview genommen haben. Ich freue mich natürlich ganz besonders Sie als Kinderbuch-Autor*Innen-Paar vorstellen zu dürfen. Es ist eher selten, dass bei einem Autor*Innen-Ehepaar beide im gleichen Genre arbeiten, umso toller finde ich es, dass Sie beide Kinderbücher schreiben.

Unsere Leser hatten ja schon Gelegenheit in einigen Rezensionen Ihre Bücher kennenzulernen. Dass ich ein großer Fan Ihrer Bücher bin, ist ein offenes Geheimnis.

Exklusiv-Interview mit den Autor*Innenehepaar Anu und Friedbert Stohner

Aus meinem Interview, dass ich in 2018 mit Ihnen Frau Stohner, führen durfte wissen wir, dass Kinderbücher ihre Leidenschaft sind und sie nach dem Sprachenstudium mit dem Übersetzen von Kinderbüchern begonnen haben, bevor sie sich dann ihren Kindheitstraum erfüllt haben und selbst zu schreiben begonnen habe.

Soweit es mir gekannt ist, waren Sie Herr Stohner im Hanser Verlag tätig und dort maßgeblich für die Gründung des Kinderbuch-Programms zuständig.

Haben Sie da schon Kinderbücher geschrieben oder wie sind sie dazu gekommen?

Geschrieben hat zu der Zeit nur Anu, aber übersetzt haben wir beide, manchmal zusammen (aus dem Finnischen und Schwedischen) und manchmal jeder für sich (etwa aus dem Englischen) – wir sind ja als Übersetzer in die Kinderbuchszene hineingeschlittert.

Bespricht das Autor*Innenpaar Stohner seine Buchideen vorab

Wie darf man sich das vorstellen, wenn beide Ehepartner Kinderbücher schreiben, besprechen Sie die jeweiligen Buchideen, bevor Sie mit dem Schreiben beginnen?

Wir besprechen alles miteinander, und die meisten Buchideen entstehen überhaupt erst im Gespräch:

„Die Kollegin von Sauerländer fragt, ob wir nicht mal über eine nordische Tiergeschichte nachdenken wollen.“ – „Sie selbst denkt wahrscheinlich an Elche.“ – „Von denen gibt’s nur schon ein paar im Kinderbuch.“ – „Dann muss unserer eben anders sein – wie wär’s mit einem, der nicht wächst und klein bleibt wie der kleine Weihnachtsmann?“ – „Klingt bescheuert.“ – „Ich find’s witzig.“ – „Dann schreib doch mal ein Stück rein!“

So ungefähr ist „Erkki, der kleine Elch“ entstanden.

Während des Entstehungsprozesses eines Buchs, darf der Ehepartner dann schon mal ein Kapitel lesen oder erst wenn das Buch fertig gestellt ist?

Der oder die andere muss sogar lesen, und zwar auf der Stelle. Verboten ist nur das Über-die-Schulter-Schauen.

Und ist der Ehepartner neben einem selbst dann auch der größte Kritiker?

Nein!!! Das mit den größten Kritikern in den eigenen vier Wänden ist nach unserer langjährigen Erfahrung im literarischen Milieu ein großer Quatsch. Wir finden einander toll, und das ist gut so. Abends beim Wein kann man ja immer noch vorsichtig fragen, ob der tapfere kleine Elch Erkki nicht doch ein bisschen größer sein sollte als ein Eichhörnchen – vielleicht so groß wie ein Hase, der mit dem er auch gleich befreundet sein könnte? Ein nicht ganz so tapferer Hase und ein kleiner Elch, der’s allen zeigen will – wäre das nicht ein schönes Freundespaar? (Am Ende wurde es dann ein Hase, und wer weiß, ob bei der „größten Kritik“ nicht das trotzige Gegenteil herausgekommen wäre: ein besonders kleines Eichhörnchen zum Beispiel oder eine Fliege.)

Sie beide schreiben über sehr unterschiedliche Themen. Wo bekommen Sie ihre Ideen her?

Wie gesagt …

Wo liegen Ihre jeweiligen Themenschwerpunkte?

Das fragen wir uns – ohne Witz jetzt – manchmal auch. Die erste Antwort ist dann immer, dass wir recht eigentlich keine haben. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich aber doch, dass wir beide immer ein bisschen von den Kleinen, Schwachen, von der Norm Abweichenden erzählen, die dann zeigen dürfen, dass sie’s auch draufhaben. Erkki ist da ein gutes Beispiel. Oder der kleine Weihnachtsmann. Oder das Schaf Charlotte. Oder Friedehelm, das kleine Gespenst, das sich schon fürchtet, wenn eins der großen Geschwister mit dem Löffel in der Kakaotasse klappert – am Ende sind sie alle die Größten, und wenn es in der Wirklichkeit nicht immer so ist: umso schlimmer für die Wirklichkeit (aber hoffentlich tröstlich für die kleinen Leserinnen und Leser). 

Herr Stohner, Sie schreiben auch noch unter dem Namen Pertti Kivinen “Die Blaubeerdetektive“.

Wie kommt es, dass Sie noch einen anderen Autor*Innennamen verwenden? Und Blaubeerdetktive läßt mich sofort an Finnland, die Heimat Ihrer Frau, denken. Sind Sie mit Finnland auch sehr verbunden und das findet sich in Ihren Büchern und dem Autor*Innennamen wieder?

Die Blaubeer-Krimis sind unseren vier Enkeln gewidmet, die in Finnland leben und fanden, wir könnten doch auch mal was schreiben, was in ihrer Nähe spielt. Das hab ich dann gemacht, aber auch nicht ganz allein: Anu hat da einen großen Anteil, weil ich zwar eine finnische Umgebung simulieren kann, aber bei den Personen immer aufpassen muss, dass ich sie nicht zu deutsch anlege, Polizisten zum Beispiel oder Lehrer. Als ich fürs letzte Buch einen oberpingeligen Schuldirektor erfunden habe, bestand sie hartnäckig darauf, dass es den als Finnen und in Finnland gar nicht geben könne. Ich brauchte ihn aber unbedingt, und der Kompromiss ist, dass ihn seine Kolleginnen und Kollegen wegen seiner eigentlich unmöglichen Pingeligkeit „den Deutschen“ nennen. 

Liebe Frau Stohner, jetzt würde ich natürlich auch gerne wissen, ob Sie ebenfalls noch unter einen anderen Autor*Innennamen Bücher veröffentlichen?

Nein.

Ich stelle mir das jetzt gerade bildlich vor, Sie beide sitzen in einem Büro und jeder schreibt an seinem Buch. Wie dürfen wir uns das vorstellen, wie sieht das aus, wenn Frau und Herr Stohner Bücher schreiben?

Von außen wahrscheinlich so langweilig wie bei allen anderen Autor*Innen auch. Das Schöne bei uns ist nur, dass wir es hören, wenn sich im Arbeitszimmer nebenan jemand seufzend zurücklehnt. Meistens hilft dann schon ein Kaffee.

Haben Sie schon Bücher geschrieben, als Ihre Tochter noch ein Kind war?

Übersetzt schon lange vorher, geschrieben erst danach; zur Reihenfolge siehe oben. 

Für Enkelkinder muß es supertoll sein, wenn Oma und Opa Kinderbücher schreiben. Wie ist das bei Ihnen?

Ganz ehrlich? – Sie nehmen es wohlwollend zur Kenntnis. Finnisch eben. 

Als Finnland-Fan frage ich mich natürlich, ob Sie beide auch in Finnland schreiben. Ich kann mir gut vorstellen, in der Natur Finnlands in einem Sommerhaus am See zu sitzen, die Ruhe um sich zu hören, und der eigenen Kreativität nachzugehen. Entspringt das nur meiner blühenden Fantasie oder schreiben Sie beide auch in Finnland?

Wir haben auch in unserem Altlußheim am Rheinbogen große Ruhe; der Unterschied liegt eher im Gefühl, dass wir in Finnland einen größeren Abstand zum literarischen Trubel empfinden. Warum das trotz haargenau gleich bleibender Verbindung übers Internet so ist, verstehen wir selbst nicht, nehmen es aber dankbar an. (Votum Anu: Es liegt an der ansteckenden finnischen Gelassenheit.)   

Ich danke Ihnen beiden von Herzen für dieses interessante Interview und freue mich auf viele weitere einzigartige Kinderbücher aus Ihrer beider Feder.