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Ich habe in meinem Leben wahrhaftig schon sehr oft getrauert, über die unterschiedlichsten Dinge. Und immer ging es bei der Trauer auch um „Verlust“ und ums „Vermissen“. Also etwas verloren zu haben, was einem wichtig war, etwas, das man geliebt hat. Als Kind war das zum Beispiel ein Stofftier, das man irgendwo liegen gelassen hatte. Oder der Streit mit der besten Freundin. Oder man vermisste seine Eltern, wenn die nicht da waren. Manchmal ging es da auch schon um die Konfrontation mit der ersten „richtigen“ Trauer. Wenn die Oma oder der Opa starb, oder das geliebte Haustier eingeschläfert werden musste.

Man muss sich also meist schon recht früh (wenn auch manchmal unbewusst) mit dem Thema „Trauer“ auseinandersetzen. Auch ich habe natürlich schon im Kindesalter gemerkt, dass das Leben nicht ewig währt, sondern jedes Lebewesen irgendwann einmal gehen muss. Als die Mutter meines Vaters starb (die Oma, mit der ich am wenigstens zu tun gehabt hatte), war ich ungefähr sechs Jahre alt. Und bekam damals gesagt: „Die Oma schläft jetzt in ihrem Erdenbett:“ Für mich im Nachhinein eine gänzlich grausame Vorstellung, die mich nächtelang wachgehalten hat aus Angst, wenn ich zu fest einschlafe, dass ich dann auch unter die Erde kommen würde.

Im Laufe der Jahre musste ich viele Verluste hinnehmen. Den meiner Eltern und Schwiegereltern, gute Bekannte und das ein oder andere Haustier. Und immer wieder rappelte ich mich ziemlich schnell wieder auf und versuchte, das Leben weiterzuleben wie bisher. Ich musste mich nie wirklich groß mit dem Thema „Trauer“ befassen, weil ich sie recht schnell immer wieder gut im Griff hatte. Bis zum September 2019…

Da verlor ich mein Kind, mein Herz, mein Ein und Alles (neben meinen beiden anderen Töchtern und meinem Mann). Sie wäre elf Tage nach dem Unfall zwei Jahre alt geworden und dieser Verlust warf mich vollkommen aus der Bahn. Jetzt traf mich die Trauer mit voller Wucht, riss mir buchstäblich den Boden unter den Füßen weg und ließ alles andere, was ich bisher verloren hatte, unwichtig werden. Ich wollte meine Tochter wieder zurück, mit aller Macht der Welt. Oder ich wollte zu ihr, das wäre ganz zu Anfang völlig egal gewesen. Niemals in meinem Leben habe ich jemals solch einen Schmerz empfunden. Ich wartete darauf, dass es mir mein Herz zerreißt und mich endlich von dieser irdischen Qual befreit. Ich war nicht vorbereitet auf diese entsetzlichen Gefühle, die mich an manchen Tagen fast zum Durchdrehen brachten. Heute, etwas mehr als zwei Jahre später weiß ich, dass sich die Trauer zwar verändert, aber nie wieder verschwinden wird, wie sie das die Jahre zuvor immer getan hatte.

Die Trauer ist nun ein (oftmals ziemlich großer) Teil meines Lebens. Und ich musste lernen,  damit umzugehen. Ich habe nämlich festgestellt, dass mir zwar ganz viele tolle Menschen wirklich helfen wollten, es aber schlichtweg nicht konnten. Keiner kann mir meine Tochter wieder zurückbringen. Aber ganz oft hilft es, darüber reden zu können, dem anderen versuchen zu erklären, was einen gerade beschäftigt und wie man sich fühlt. Und ich musste lernen, dass jeder seine eigene Art hat, mit Trauer umzugehen. Und keine, wirklich keine, ist falsch. Alles das, was einem hilft, besser mit seinem eigenen Verlust umzugehen, ist richtig und gut.

Ich zum Beispiel stelle mit gerne vor, dass sie ständig ganz nah um mich herum und bei mir ist. Sie liegt für mich nicht auf dem Friedhof, ihr Grab ist nur ihr „Schatzkistenplatz“. Dort ist eine Kiste vergraben, voll mit ihren Lieblingsspielsachen und mit MEINEM größten Schatz. Genauso habe ich das auch Svenja erzählt. Ich möchte ihr nicht sagen müssen, dass ihre kleine Schwester dort in der kalten Erde liegt, denn das tut sie nicht. Sie ist da, immer um uns herum und nimmt auf ihre Art und Weise noch sehr an unserem Leben teil. Wie durch einen dünnen Vorhang, durch den sie uns zwar sehen kann, nur wir sie leider nicht.
Mit diesem Gedanken kann ich einigermaßen umgehen, auch wenn er zugegebenermaßen nicht an jedem Tag funktioniert. Dann bin ich froh um die Menschen, die mir ansehen, dass gerade alles sch… ist und mich dann einfach in den Arm nehmen.

Ich dachte ganz zu Anfang, kurz nach ihrem Tod, immer, niemand anderer hätte das Recht so sehr zu trauern, wie eine Mutter um ihr Kind. Und ich war fast schon wütend auf die Menschen, die den Tod ihres Haustieres mit meinem Verlust gleich setzten. Ich lernte erst im Laufe der letzten Monate, dass Trauer so unterschiedlich ist wie die Menschen selbst. Und dass jeder das Recht hat, anders damit umzugehen. Wenn ich dabei helfen und unterstützen kann, weil ich nun mal in einer ähnlichen Situation bin, dann mache ich das von Herzen gerne. Muss aber genauso akzeptieren, dass es Menschen gibt, die das lieber mit sich alleine ausmachen möchten. Der Verlust gehört nun mal dazu, es wird im Laufe unseres Lebens immer wieder etwas geben, was wir verlieren. Sei es ein Mensch, ein Tier oder ein liebgewonnener Gegenstand. Und dann muss man sich selbst entscheiden, wie man damit umgeht. Für mich ist der beste Weg, mich zu beschäftigen, meine Bücher zu schreiben, zu reden, zu träumen und an den „Hilflos“-Tagen meine Gefühle auch einfach mal zuzulassen. Und die Gewissheit zu haben, dass sie auf mich wartet und wir uns am Ende des Regenbogens ganz bestimmt wieder sehen.

Wie geht Ihr mit Trauer um? Habt Ihr schon mal einen Verlust erlitten, der Euch völlig aus der Bahn geworfen hat? Ich freue mich auf Eure Erfahrungen.

Eure Muddi

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