Eigentlich sollte die Überschrift ja lauten „Kinder und Jugendliche im digitalen Zeitalter“. Aber wie die meisten von Euch ja wissen, ist meine „Kinder-Konstellation“ ein wenig anders als bei anderen. Und allein schon deswegen würde ich gerne das Thema wieder einmal ein wenig anders und mit einem leichten Augenzwinkern umsetzen. Lassen wir uns aber doch vorerst mal einen kleinen Blick in die Vergangenheit werfen.
Meine Kindheit
Meine Kindheit war geprägt von draußen herumtoben, Freunde treffen, sich auch mal schmutzig machen und den Tag vom ersten Sonnenstrahl bis zum Sonnenuntergang auszukosten. Und das obwohl meine Eltern nicht immer genau wussten, wo ich war. Man konnte mir ja schließlich nicht hinterher telefonieren. Mit 18 Jahren (also schon als offiziell erwachsene Frau) hatte ich dann mein allererstes Handy. Und zwar noch eins, das mit ach und Krach in Arschtasche der Jeans passte und bei dem man höllisch aufpassen musste, auf welche Knöpfe man kam. Eine SMS kostete damals richtig Geld, und kam man ganz aus Versehen auf die Taste mit der Erdkugel (für die jüngeren Leser: damit wählte man sich ins Internet) konnte man beinahe schon Insolvenz anmelden.
Lieb gewonnener Alltagsbegleiter
Über die Jahre hinweg wurde das Handy dann zu einem lieb gewonnenen Begleiter, und verschaffte einem einiges an nie gekannter Freiheit. Dann kam meine große Tochter auf die Welt. Und die wuchs mit Techniken auf, die mir heute stellenweise noch mehr als suspekt sind. Ihr erstes Handy bekam sie mit 12, ab da ging es mit ihrem technischen Verständnis steil bergauf. Wo ich mit meinen 46 Jahren es gerade mal hinbekomme, mich einigermaßen unfallfrei in Facebook, WhatsApp und Instagram aufzuhalten macht dieses Kind Dinge mit ihrem Handy und ihrer sonstigen Hardware, die mich schwindelig und voller Respekt auf mein einst so kleines ahnungsloses Hosen-scheisserlein herab- bzw. hinaufblicken lassen. Gut, man muss dazu sagen, dass mir von jeher ein gewisses Grundinteresse und auch das Talent für Computer etc. fast gänzlich fehlt. Umso erstaunter bin ich immer wieder, woher mein Kind diese Begabung hat. Einzig bisher vernünftige Erklärung: Sie wächst nun mal damit auf, beschäftigt sich viel und intensiv damit und lernt fast täglich dazu. Mit ihren nun 22 Jahren ist sie „digital“ sehr viel weiter und intelligenter, als ich es jemals sein werde. Nahezu alles, was das tägliche Leben betrifft, wird mittlerweile digitalisiert (außer vielleicht die menschlichen Grundbedürfnisse). Man liest morgens die Zeitung übers Internet, kauft ein, arbeitet damit und bleibt mit seinen Freunden in Kontakt, lernt ständig neue Leute kennen, selbst wenn die auf einem anderen Kontinent leben, kann sich neues Wissen aneignen und die gesamte Welt über seinen Alltag auf dem Laufenden halten. Nicht selten nennen sich junge Erwachsene mittlerweile „Influencer“ und verdienen ihr Geld damit, anderen Leuten zu zeigen, welche Toilettenpapier-Marke sie bevorzugen. Und vor allem wird kein Schritt mehr ohne diese digitalen Begleiter unternommen. Kinder, die im Bus sitzen und auf die kleinen Bildschirme starren anstatt sich mit ihren Freunden zu unterhalten oder junge Mädchen, die ihr Handy wie eine Scheibe Knäckebrot vor sich halten und sich lautstark und für die gesamte Umgebung hörbar mit ihren Freundinnen über ihren aktuellen „Lover“ oder ihre Periode unterhalten sind mir von jeher ein Rätsel.
Dann kam Svenja, mein „Löwenbaby“, meine „Special Edition“. Da liegt der Fall nun wieder ein ganz klein wenig anders. Sie sitzt im Rollstuhl, kann ihre Hände nur sehr bedingt einsetzen und ist alleine schon deswegen auf die Benutzung eines IPads angewiesen. Ihre Hausaufgaben sind in einer App zu finden und oftmals über QR-Code abrufbar. Für eine „Technik-Minderbemittelte“ wie mich ganz zu Beginn ein wahrer Horror. In den Corona-Lockdown – Zeiten hatten auch wir des Öfteren digitalen Unterricht und Ihr möchtet nicht wissen, wie oft ich schwitzend vorm IPad saß und betete, dass sich der Meeting-Raum auf dem Bildschirm öffnen möge und man uns dann sehen und im besten Fall sogar hören könne. Und auch bei Svenja merke ich, dass sie sehr wohl in der Lage wäre, das alles ganz selbstständig und alleine zu bewerkstelligen, wenn ihre Hände es denn zulassen würden.
Ich stelle also bei beiden meiner sehr unterschiedlichen Mädchen fest, dass das digitale Zeitalter sie fest im Griff hat und sie wie selbstverständlich damit auf- und reinwachsen. Kaum ein Beruf, der inzwischen ohne Digitalisierung auskäme. Wo man hinsieht befinden sich Computer, die einem vermeintlich das Leben erleichtern sollen. Und schon allein deswegen bleibt unseren Kindern ja gar nichts anderes übrig, als sich mit der neuesten Technik auseinanderzusetzen und vertraut zu machen. Während meiner Lehre gab es Karteikarten, Hefte, Kugelschreiber und Bücher, alles wurde per Hand notiert. Ich gebe offen zu, dass ich damals auch lieber mit Computern gearbeitet hätte, aber trotz allem habe ich meinen Schulabschluss gemacht und meine Lehre erfolgreich abgeschlossen. Und bin heute aber auch mehr als froh darüber, dass ich meine Bücher auf dem Computer schreiben kann und nicht mehr per Hand oder an der Schreibmaschine.
Versteht mich nicht falsch, ich möchte nicht den Eindruck erwecken, als würde ich das digitale Zeitalter verteufeln. Im Gegenteil. Auch ich nutze, im Rahmen meiner Möglichkeiten, die durchaus angenehmen Vorteile des Internets sehr gerne. Aber wenn ich früher neue Leute kennenlernen wollte musste ich raus, vor die Tür, ins Freie, an die frische Luft. Um einzukaufen ging ich in unser kleines Geschäft im Ort und um zu sehen wie das Wetter wird hat man einen Blick in den Himmel geworfen. Vielleicht sollten wir ab und an unsere Kinder an die Hand nehmen und ihnen ein Stück vom „wahren“ Leben zeigen. Das, was außerhalb der Bildschirme und des Internet stattfindet.
Wie steht Ihr zu dem Thema „Kinder und Technik“, sowie den digitalen Fortschritt Eurer eigenen Kinder? Und wie handhabt Ihr es mit der Nutzung des Internets? Wie immer freue ich mich sehr über Eure Meinung.
Bis zum nächsten Mal, Eure Muddi
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