Teile diesen Beitrag  

Weshalb „Working Mom“ und „Working Dad“ uns in die Irre führen

Working Parents: Working Mom? Working Dad? Das klingt grundsätzlich erstmal richtig. Eltern sind immer im Einsatz. Magische Abenteuer warten darauf, ausgedacht zu werden. Besenschlachten müssen geschlagen, Bilder gemalt, Computerspiele gespielt, LEGO-Inseln errichtet, Playdates geplant und irgendwann zwischen Wäsche und Artikel auf dem Laptop muss dann auch noch wie von Zauberhand ein Abendessen entstehen. Aber in diesem Artikel geht es um etwas ganz anderes. Nämlich darum, was eigentlich mit „Working Mom“ und „Working Dad“ gemeint ist.

 

Arbeit ist nicht gleich Arbeit

Wir messen mit zweierlei Maß. Das, was wir Eltern da tagtäglich jonglieren, als „Working Parents“, sozusagen, das gilt nicht als Arbeit, sondern als Erfüllung. Kinderbetreuung ist für viele eben genau das nicht, „Betreuung“, sondern bedingungslose Liebe. Die Verwaltung von Mental Load und all den kleinen Mikroaufgaben, die im Alltag mit Kind und Familie anfallen, sind unsichtbare Aufgaben; Denkleistungen. Sie sind nicht sichtbar, und wie viele nicht auf den ersten Blick sichtbare Care-Arbeit wird sie häufig von Mamas beziehungsweise weiblich gelesenen Menschen übernommen. Ohne groß darüber zu reden. Dass das so ist, zeigt sich daran, dass mit den Begriffen „Working Mom“ und „Working Dad“ eigentlich ein*e Erwachsene*r gemeint ist, der*die einer Erwerbsarbeit nachgeht – und halt zusätzlich auch noch Elter ist. Es geht nicht um all die sichtbare und unsichtbare Arbeit im Familienleben.

Vorurteile im Kopf

Wie verschoben das ist, zeigt ein simples Beispiel: Meine Frau und ich sind selbstständig und erledigen von der Buchhaltung übers Texten bis zur Akquise alles selbst. Wir sind ein gutes Team, wir ergänzen uns an wichIgen Stellen und ziehen uns gegenseiIg aus dem Schlamassel. Soweit, so bekannt.

Was passiert aber, wenn ich ein paar Worte austausche? „Meine Frau und ich sind Vollzeit- Eltern und erledigen über von Playdates, über den Transport zur Schule, die begleiteten Weinkrämpfe und bis hin zu aufregenden Spielplatz-Quests alles selbst. Meine Frau und ich sind ein gutes Team, wir ergänzen uns an wichIgen Stellen und ziehen uns gegenseiIg aus dem Schlamassel.“

So, jetzt Hände hoch: Wer hat beim Lesen des ersten Absatzes gedacht: „fleißige Arbeitsbienchen“ und beim zweiten: „Joa, so Elterngedöns halt“? Das sind unsere kleinen, inneren Vorurteile im Kopf, unsere SozialisaIon, die selbst uns Eltern sagt: „Das, was wir hier machen, kann unmöglich Arbeit sein – denn es muss mich ja erfüllen.“

Ein verzerrter Blick auf Eltern

Diese Sicht auf Elternschaf und Arbeit finde ich hochproblemaIsch. Denn sie zemenIert mit Begriffen wie „Working Mom“ und „Working Dad“ nicht nur die Vorstellung, dass Elternschaf an sich keine Arbeit sei, sondern auch wie nebenbei ganz klassischen Sexismus. Denn das Ergebnis ist immer dasselbe, wenn ich über unsere 50-50 Aufeilung von Haushalt, Kinderbetreuung und vor allem Mental Load erzähle – beziehungsweise, wenn meine Frau davon erzählt. Ich werde über den grünen Klee gelobt, wenn ich auf dem Spielplatz bin und meine Frau eine Pause hat. Umgekehrt – wenig bis keine ReakIon. Wenn meine Frau auch noch arbeitet, wenn ich mit meiner Tochter unterwegs bin – die Welten „Familie“ und „Beruf“ sich also auch noch mischen – wird es richIg unheimlich. Dann heißt es, wie toll es von mir als Vater wäre, mal zurückzutreten. Locker zu lassen. Meiner Frau „das zu ermöglichen“.

Warum wolltest du denn dann ein Kind?

Nicht nur also, dass wir einen großen Teil der Arbeit, die Eltern tagtäglich so miterledigen, nicht sehen – wir als Gesellschaf erwarten zusätzlich auch noch, dass gerade Mamas diese Doppelbelastung widerspruchslos leben und lieben. Wer als weiblich gelesene Person mit Kind es wagt, sich eine Pause zu nehmen oder aber gar auch mal an der Doppel- bis Dreifachbelastung, die Job, Partnerschaf und Elterndasein mit sich bringen, zu zweifeln: diese Person kann sich darauf einstellen, dass ihr von allen Seiten abgesprochen wird, überhaupt Freude an der Elternschaf zu empfinden.

Ein Job für Superheltern

Begriffe wie „Working Mom“ und „Working Dad“ gehören außer Dienst gestellt. Es ist an der Zeit, dass wir das Leben mit Kind als die großarIge, anstrengende Liebesaufgabe sehen lernen, die sie ist. Ich schlage den Begriff „Superheltern“ vor. Ein Kofferwort aus „Superheld*innen“ und „Eltern“. Denn genau das sind wir, wir alle, da draußen, jetzt gerade.

Wenn Olaf Bernstein nicht gerade darüber nachdenkt, was sein Superheltern-Name wäre, schreibt er bei Barrio, auf seinem Blog, bei Instagram oder bei Twitter. über alles, was ihn umtreibt.

Mehr spannende Beiträge von Olaf