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Es gibt viele Filme, Serien und Bücher, in denen Schwangerschaft auftaucht. In Serien präsentieren schwangere Frauen stolz ihren perfekt runden Bauch, während sie von lustigen Heißhungerattacken erzählen und weiter voll arbeiten. Der Bauch wächst, die Gefühle sind ein bisschen durcheinander, aber ansonsten läuft eigentlich alles weiter wie geplant. Frau ist plötzlich Teil eines geheimen Clubs, zur Babyparty werden quietschend zuckersüße Geschenke ausgepackt, der Partner ist niedlich überfordert-verzückt, alles ist überhaupt ganz wunderbar. Soviel zu der filmreifen Variante von Schwangerschaft. Wie sieht es aber eigentlich aus? Wie fühlt es sich an (das erste Mal) einen kleinen Menschen in sich zu tragen? 

Meine Erfahrungen weichen an einigen Stellen sehr mit der Bilderbuchversion von Schwangerschaft ab. Heute schreibe ich über 5 Dinge, die ich gern vor meiner Schwangerschaft gewusst hätte.

1. Schwangerschaft ist Arbeit

In Film und Fernsehen sieht es so leicht aus. Die Realität ist aber: Eine Schwangerschaft ist Arbeit. Arbeit für den Körper, der die Hormone umstellt, Nährstoffe umleitet und, ach ja, einen ganzen Menschen wachsen lässt. Arbeit für die Seele, die sich erst einmal auf diese Veränderung einstellen muss. Und Arbeit fürs Herz. Buchstäblich. In der Schwangerschaft nimmt die Blutmenge im Körper um bis zu 50% zu – das bedeutet fürs Herz, dass es deutlich schneller schlagen muss. Dazu kommen etwaige Schwangerschaftsbeschwerden, Müdigkeit, Erschöpfung und letztlich mehr Gewicht. Das zu bewegen kostet Kraft. Logisch.

Manche Schwangere können trotzdem genauso weitermachen wie bisher. Andere können das nicht. Für jede von uns fühlt sich die Belastung ein bisschen anders an. Aber sie ist da. Für alle. Wenn ihr also müde, überlastet, oder weniger leistungsfähig seid, könnt ihr beruhigt sein. Das ist völlig normal. Ihr kreiert neues Leben. Da darf der Alltag nebenher schonmal ein bisschen hinten überfallen.

2. Die Beziehung verändert sich

Mit dem Bauch wächst die Veränderung. Das Zuhause wird an den Nachwuchs angepasst, die Aufregung und Ängste gefühlt, es werden Pläne gemacht. Mit diesen Plänen beginnt sich langsam auch die Paarbeziehung zu verändern. Wann und wie genau diese Veränderung passiert, ist individuell. Aber sie ist tiefgreifend.

Statt der Bedürfnisse zweier Menschen geht es plötzlich um uns und „das Baby“. Es muss anders gegessen, geruht und geschlafen werden. Wer schwanger ist, braucht wahrscheinlich viel mehr Unterstützung als vorher. Das verändert die Beziehungsdynamiken. Mit dem Einzug eines Babys vervielfachen sich die Alltagsaufgaben und der Mental Load. Die Verhandlungen darum beginnen oft schon in der Schwangerschaft und können einen Grundstein für das spätere Familienleben legen.

Dazu kommt, dass das Gründen einer Familie bei beiden Eltern viele Wünsche, Hoffnungen und Gefühle auslöst. Die Schwangerschaft ist also eine Phase, in der es sich lohnen kann, in besonders viele Gespräche und Paarzeit zu investieren. Schließlich seid ihr das Fundament für eure kleine neue Familie. Veränderung bedeutet nicht unbedingt Anstrengung. Im Fall von mir und meinem Mann hat uns meine Schwangerschaft viel näher zusammengebracht. Ich habe gelernt, wie sehr ich mich auf meinen Partner verlassen kann und wie gut unsere jeweiligen Zukunftsvisionen eigentlich zusammenpassen. Ich bin davon überzeugt, dass wir ein gutes Elternteam geworden sind, weil wir die Veränderungen unserer Beziehung in meiner Schwangerschaft bewusst gemeinsam erlebt und gefeiert haben.

3. Menschen mit Meinungen

Ihr habt das Gefühl, die Verwandtschaft mischt sich zu viel in euer Leben ein? Wartet mal ab, bis ihr ein Kind erwartet. Plötzlich potenziert sich der Hagel an Ratschlägen. Die Nachbarin, die beste Freundin der Oma, der Kellner im Restaurant, die fremde Frau im Park. Alle, wirklich alle haben eine Meinung. Viele sind nett, einige übergriffig, die meisten echt nett gemeint.

Sobald ein Paar auf dem Weg ist, Eltern zu werden, wird gefühlt alles kommentiert. Wie viel oder wenig sich die Schwangere körperlich betätigt. Was sie isst. Was die Form des Bauches über das Geschlecht des Kindes aussagt. Es werden ungefragte Erziehungstipps gegeben, Vermutungen über das Aussehen des Nachwuchses angestellt und das Zuhause wird kritisch beäugt. Hier hilft es, an den nötigen Stellen klare Grenzen zu setzen und ansonsten milde zu lächeln und möglichst schnell das Thema zu wechseln. Elternschaft bedeutet bewertet werden. Leider fängt das schon in der Schwangerschaft an. Je sicherer wir in unserer Elternrolle werden, desto weniger werden uns die vielen Kommentare anstrengen. Bis dahin ist es gut zu wissen, dass es wahrscheinlich allen werdenden Eltern so geht.

4. Du kennst deinen Körper

Eine erstaunliche Erfahrung, die ich in der Schwangerschaft machen musste, war, wie oft ich von Ärzt*innen nicht ernst genommen wurde. Ja, sie sind die Expert*in für ihr jeweiliges Fachgebiet. Aber ich bin Expertin für meinen Körper. Auch, wenn er sich gerade stark verändert. Mir wurde oft einfach nicht geglaubt, ich wurde ohne Informationen warten gelassen, mir wurden durch Angstmacherei viele unnötige Zusatzleistungen aufgeschwatzt. 

Geholfen hätte mir, wenn ich mich vorher mit anderen Schwangeren vernetzt und ausgetauscht hätte. Dann hätte ich stärker auf mich und meine Wahrnehmungen vertrauen können. 

Für euch gilt: Fühlt ihr euch bei eurer Hebamme, beim Frauenarzt, bei der Hausärztin oder im Krankenhaus nicht wohl – wechselt, wenn möglich. Wenn nicht, holt euch Unterstützung. Es hilft ungemein, den Partner, eine Freundin oder ein Familienmitglied dabei zu haben. Wenn das medizinische Personal euch nicht das Gefühl vermittelt, sicher zu sein, ist irgendetwas nicht richtig. Diese Menschen sind da, um euch zu unterstützten. Punkt. 

5. Schwangerschaft ist unbeschreiblich

Meine Schwangerschaft war nicht, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Sie war nicht wie im Film, nicht eindimensional und nebensächlich. Meine Schwangerschaft war ein Großereignis. Eine der essentiellsten Erfahrungen meines Lebens. Sie war schwer, aufregend, unheimlich, bewegend, allumfassend, lebensverändernd. Ich habe wenige filmreife Anekdoten von emotionalen Ausbrüchen oder erstaunlichen Gelüsten. Aber ich habe mich selbst besser kennengelernt. Meine Partnerschaft gefestigt. Ich bin Mutter geworden. Eine Schwangerschaft ist keine kleine Sache. Wie groß die Veränderung in mir wirklich ist, hätte ich gern vorher gewusst. Und doch hätte ich es mir vorher nicht im Ansatz vorstellen können.

Josi Bernstein berichtet für uns über die Höhen und Tiefen ihres Familienalltags. Ihre Artikel findet ihr nicht nur auf Barrio, sondern auch auf Instagram, auf ihrem Blog und bei Twitter.