Wer von uns Eltern kennt es nicht: Kaum hat das kleine Menschlein das Licht der Welt erblickt, hagelt es von allen Seiten gute Tipps, Ratschläge und Anweisungen: „Dein Kind ist schon 1 Jahr alt und du stillst noch?“, „Ihr wickelt mit Stoffwindeln? Das ist ja umständlich!“, „Euer Kind schläft noch bei euch im Bett? Es muss sich doch mal an sein eigenes gewöhnen!“. Man bekommt kaum Gelegenheit für sich selbst den richtigen Weg zu finden, wie das Kind am besten durch die ersten Jahre seines Lebens gebracht wird. Und natürlich gibt es auch weitverbreitete Tragemythen.
5 Tragemythen und die Fakten dazu
Tragen
Auch im Bereich des Tragens wird man häufig mit solchen Vorurteilen konfrontiert und das obwohl das Wissen über die positiven Auswirkungen des Tragens langsam in der Gesellschaft ankommen. Ja, Tragen sogar hip ist.
So lernt das Kind nie laufen
Beginnen wir mit dem Klassiker der Tragemythen: „So lernt das Kind doch nie laufen!“ Das stimmt so nicht, denn beim Tragen werden die Babys automatisch mitbewegt und der Gleichgewichtssinn trainiert. Gleichzeitig wird dabei die Muskulatur des Kindes gestärkt, die Reifung der Wirbelsäule gefördert und die motorische Entwicklung somit unterstützt. Ein besseres Training als Tragen gibt es für die ganz Kleinen nicht!
Mangelnde Sauerstoffversorgung
Oft begegnet einem auch die Befürchtung der Außenstehenden, die Kleinen könnten in der Trage oder im Tuch nicht genug Sauerstoff bekommen. Auch hier besteht kein Grund zur Sorge! In einer Studie aus dem Jahr 2002 konnte gezeigt werden, dass sich die Sauerstoffversorgung von gesunden Babys während des aufrechten Tragens nicht von der Rückenlage im Kinderwagen unterschied. Also – ruhig durchatmen!
Das arme Kind erfriert/überhitzt doch da drin!
Auch den folgenden Mythos hat bestimmt jedes tragende Elternteil schon gehört. Je nach Jahreszeit heißt es dann: „Das arme Kind erfriert/überhitzt doch da drin!“. Falsch! Menschenkinder kommen als physiologische Frühgeburten auf die Welt und reifen am Körper der Bezugspersonen nach. So wird neben Atmung und Herzschlag auch die Temperatur durch die Tragenden, und das sogar innerhalb von 5 Minuten, reguliert. Das sorgt dafür, dass die Babys weder überhitzen noch erfrieren. Nichtsdestotrotz solltet ihr euch sowohl im Sommer als auch im Winter über geeignete Kleidung informieren.
Verwöhnen des Babys
Ganz besonders groß scheint die Angst vor dem Verwöhnen zu sein. So werden Trageeltern des Öfteren damit konfrontiert, dass sie ihr Baby zu sehr verwöhnen und das nicht nur beim Tragen. Am Ende würden die Eltern es schon bereuen, wenn sie von dem kleinen Haustyrann aus dem Kinderzimmer erst einmal kontrolliert und manipuliert werden.
Doch was bedeutet denn Verwöhnen überhaupt? Verwöhnen bedeutet, dass ich jemandem – in diesem Kontext meinem Kind – etwas abnehme, was er/sie schon längst kann. Wie soll das bei einem Baby möglich sein, das doch erst noch alles lernen muss? Gegenstände und Personen existieren für Kinder bis zum etwa 9. Lebensmonat nur, wenn sie diese auch direkt wahrnehmen – sehen und berühren – können. Durch das Tragen erhalten die Kleinen permanent genau diese unmittelbare körperliche Rückversicherung ihrer Bezugspersonen. Diese Nähe schafft Geborgenheit, Sicherheit, fördert die Bindung und beruhigt.
Etwas anderes ist es vielleicht bei Lauflingen, die getragen werden, weil sie beispielsweise einen langen Kindergarten-Tag hinter sich haben. Wenn sie dann den Heimweg auf dem Arm von Mama oder Papa zurücklegen, kann man eventuell von verwöhnen sprechen. Aber sind wir mal ehrlich, wer von uns liebt es denn nicht nach einem arbeitsreichen Tag vom Partner verwöhnt zu werden? Nun werden wir nicht mehr im wortwörtlichen Sinne getragen, aber freuen uns, wenn wir bekocht werden oder wir uns mit einem Buch zurückziehen dürfen, während der Partner das Kind ins Bett bringt. Ein bisschen Verwöhnen darf also vielleicht auch sein!
Euch werden bestimmt noch andere Mythen und Ammenmärchen in eurem Familienleben begegnen. Bleibt bei euch! Ihr als Familie wisst am besten, was gut für euch und euer Kind ist!
Potentielle Antworten
In Bezug auf das Tragen habe ich euch hier einige potenzielle Antworten zur Verfügung gestellt, die euch den Umgang mit verschiedenen Tragemythen erleichtern. Solltet ihr euch beim Tragen dennoch unsicher sein oder ihr braucht Hilfe bei der Auswahl der optimalen Tragehilfe oder –tuchs, dann geht zu einem/r guten TrageberaterIn in eurer Nähe. Er/Sie hat bestimmt auch immer noch einen guten Tipp wie ihr Vorurteilen am besten begegnen könnt.
Ariane Scheffner
www.stadtkoala.de
Instagram @stadtkoala
Wir danken Dir, liebe Ariane, für den interessanten Artikel, der mit alten Vorurteilen aufgeräumt hat.