Hier kommt der zweite Teil unseres Interviews mit Iris Domeh für euch. Sie erzählt uns, wie ihre Kinder zweisprachig erzogen werden, wie sie an ihre afrikanischen und deutschen Wurzeln geführt werden aber auch welchen Rassismusproblemen sie in Deutschland ausgesetzt sind.
Iris Domeh im Gespräch
Was würdet ihr euch als bi-nationale Familie in Deutschland wünschen?
Da fällt mir sofort ein: mehr Akzeptanz durch die Mehrheitsgesellschaft. Oft werden wir als Exoten behandelt. Das ist so schade! Mehr Selbstverständlichkeit im Umgang mit uns wäre einfach toll. Momentan ist es so, dass wenn ich mit den Kindern zum Spielplatz oder ähnlichem gehe, wo ich vorher die Menschen nicht kenne, ich mir Sorgen mache, ob sich jemand rassistisch äußert. Die Erfahrung hat leider gezeigt, dass es viel zu oft und unerwartet passiert. Spekulationen darüber, ob meine Kinder adoptiert seien oder Geflüchtete, der fast schon obligatorische Griff in die Haare. Da wünsche ich mir einfach mehr Offenheit uns als ganz normale Familie zu sehen. Und bitte vorher fragen, ob die Haare berührt werden dürfen und das darauf folgende Nein akzeptieren.
Am meisten würde ich mich aber darüber freuen, wenn sich jede*r antirassistisch weiterbilden würde, dass würde unser gemeinsames Zusammenleben so erleichtern.
Habt ihr einen besonderen Weg eure Kinder an ihre Wurzeln heranzuführen?
Ich weiß nicht, ob es besonders ist, aber wir versuchen einfach beide Kulturen gleichwertig nebeneinander zu leben. Unsere Kinder haben zum Beispiel alle einen deutschen und einen ghanaischen Namen, das war uns sehr wichtig. Charles erzählt Geschichten aus Ghana und wir zeigen oft Fotos aus unserer gemeinsamen Zeit dort. Musik ist für uns ein wichtiger Bestandteil im täglichen Leben, Charles hat ein paar Perkussionsinstrumente aus Ghana mitgebracht, mit diesen spielt er oft und zeigt den Kindern traditionelle Tänze. Ihre deutschen Wurzeln sind im Alltag durch den Kindergarten, Freunde und meine Familie gut verankert.
Welche Rassismus-Erfahrungen habt ihr gemacht und wie geht ihr damit um?
Leider haben wir schon einiges erlebt. Von den bürokratischen Schwierigkeiten, die Charles beim Visum hatte und wir beide dann später noch einmal vor unserer Hochzeit (Überprüfung aller seiner Papiere mit Kosten von knapp 1000€) oder dass wir nachweisen mussten, dass der ghanaische Name unseres jüngsten Kindes wirklich existiert und kein Schimpfwort ist.
Und dann einige persönliche Erlebnisse von Beschimpfungen über Androhung von Gewalt, aber auch schon im Kindergarten oder auf dem Spielplatz, wenn unsere Kinder nicht mitspielen dürfen, weil ihre Haut so dunkel ist und mit menschlichen Exkrementen verglichen wird.
Wir reden mit den beiden Großen darüber und erklären ihnen, ihrem Alter entsprechend, was Rassismus bedeutet. Wir haben dazu einige Kinderbücher, z.B. über Harriet Tubman, Rosa Parks oder Martin Luther King, um zu zeigen, dass sich gegen Rassismus gewehrt werden kann. Wir machen auch deutlich, dass sie sich immer an uns wenden können, und wir dann auch aktiv werden. Manchmal auch laut. Charles hat erst in Deutschland Rassismuserfahrungen gemacht, er hat deshalb Empowerment Bücher, z.B. von Anne Chebu, gelesen. Ich habe mir auch viele tolle Bücher durchgelesen (Tupoka Ogette, Alice Hasters, Susann Arndt, Noah Sow, Nkechi Madubuko, Oaolu Fajembola) und mich viel mit ihm ausgetauscht und in verschiedenen Foren mit anderen binationalen/afrodeutschen Familien. Es war auch eine Motivation, den Verein zu gründen, um da Empowermentarbeit zu leisten.
Wie gestaltet ihr die bilinguale Erziehung und was sind eure Erfahrungen damit?
Bei uns ist es so, dass wir beide deutsch und englisch mit den Kindern reden. Das klappt für uns gut, obwohl ich weiß, dass ja eher empfohlen wird, dass ein Elternteil eine Sprache konsequent redet. Charles wollte aber auch unbedingt besser Deutsch sprechen, das geht mit Kinderbüchern vorlesen natürlich richtig gut.
Inzwischen hat Charles auch angefangen mit den Kindern Twi zu reden, der Sprache, die am meisten in Ghana gesprochen wird. Damit die Kinder sich besser mit ihren Großeltern unterhalten können.
Was ist euch für eure Familien-Zeit besonders wichtig?
Wichtig ist einfach, dass wir beisammen sein können. Vor der Geburt unserer Tochter haben Charles und ich eine Fernbeziehung gehabt und bis sechs Wochen vor ihrer Geburt, konnten wir uns nicht sehen. Deshalb genießen wir es einfach, Zeit zu haben. Wobei wir schon auch gerne kleine Ausflüge machen, mit dem Fahrrad in die nahe Umgebung oder auch mit dem Zug etwas weiter weg. Das Auto haben wir jetzt durch Corona häufiger benutzt, da wir nicht mehr mit dem Zug fahren momentan. Wir fragen oft aber auch die Kinder, ob und was sie unternehmen möchten. Da kann dann manchmal auch ein gemütlicher Tag zuhause entstehen.
Wie gestaltet ihr eure Paar-Zeit?
Oh, das ist tatsächlich noch sehr ausbaufähig. Mit drei kleinen Kindern ist das gar nicht so einfach und durch Corona fallen ja auch viele Sachen weg. Einen Babysitter haben wir zwar, aber seit letztem Jahr konnte sie nicht mehr kommen. Wenn die Kinder abends schlafen, sind wir oft so müde, dass wir vor dem Fernseher einschlafen. Wenn einer von uns nicht schon beim ins Bett bringen einschläft. Ansonsten genießen wir aber auch mal einen Kaffee zu trinken, wenn der Kleine einen Mittagsschlaf macht und die Großen zusammen spielen. Ich hoffe, dass wir bald wieder mal ins Kino gehen oder gemeinsam etwas Sport machen können.
Bei Instagram zu finden sind Iris und Familie unter: https://www.instagram.com/akwaabakua/
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