Wir freuen uns, dass uns die beiden Bestsellerautorinnen Sandra Teml-Jetter und Jeannine Mik mehr zu dem Thema Angst erzählt haben.
Warum hat jeder Mensch Ängste aufgebaut?
Angst ist gut. Wie alle anderen Emotionen ist sie da, um uns in Bewegung zu versetzen, wenn es not-wendig ist. Wenn ich Angst habe, dass mein Kind beim Radfahrenlernen hinfällt, kann ich wach bleiben, und zur Seite stehen, wenn es strauchelt. Wenn ich mich aber jetzt weiter fürchte und als Elternteil nie ins Vertrauen kommen kann, dass mein Kind das auch ohne mich schaffen wird, dann haben alle Beteiligten ein Problem.
Warum ist es so wichtig zu wissen, wovor man sich fürchtet?
Um zu überprüfen, ob es sich um eine berechtigte Angst aufgrund einer realen Bedrohung handelt: Mein Kind liegt mit Pneumokokken Lungenentzündung im Krankenhaus und spricht nicht auf das Antibiotikum an. Das ist fürchterlich, bedrohlich. Oder die Angst, wenn du dein Kind am Spielplatz plötzlich nicht mehr findest. In beiden Situationen müssen sich die Eltern fassen, sich innerlich sammeln und in eine Lösungshaltung kommen – für das Kind.
Weil – und das beantwortet die nächste Frage „Wie beeinflusst unsere Angst unser Handeln und Denken? – wenn uns die Angst lähmt oder uns wie ein aufgeschrecktes Huhn umher laufen lässt, dann ist es hirntechnisch unmöglich, eine Lösung zu finden. Wir sind im Panikmodus, haben einen Tunnelblick, sind in der Lähmung oder überagil. Denken Ende.
Erfahrt von Jeannine Mik und Sandra Teml-Jetter, wie ihr eure Ängste erkennen könnt
Wie kann ich meine Ängste erkennen, um sie dadurch verstehen zu können?
Wir spüren es, wenn wir Angst bekommen. Leben wir allerdings in einer chronischen Angsthaltung, in einer permanenten „bangen Erwartung“ dann kann es sein, dass wir es nicht (mehr) spüren, aber unsere Umwelt bekommt es über die Kommunikation der jeweiligen Nervensysteme mit. Wie nun uns nahe Menschen auf unsere Ängste reagieren, damit umgehen, ist vielfältig: Uns ansprechen, sich uns anpassen, uns schonen – irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem es dann einem/r zu bunt wird, eine/r bekommt ein Symptom und das System beginnt zu wackeln. Das ist oft der Zeitpunkt, an dem Eltern zu mir ins Coaching kommen.
Wie entlarve ich meine Glaubensmuster und Denkschablonen?
Einerseits durch Selbstbeobachtung, indem du dir selbst zuhörst – und dich zu hinterfragen traust, ob das, was du denkst und entscheidest zu tun auch tatsächlich wahr und sinnvoll ist – oder ob du Entscheidungen triffst, weil es immer so war. Zum Beispiel deinen Kind nicht erlaubst, während der Schulwoche einen Freund übernachten zu lassen. Weil das durftest du auch nicht, deine Eltern davor auch nicht und die Großeltern hätte bei dieser Frage schier der Schlag getroffen! Es geht aber darum, situationsgemäß zu entscheiden: Passt dein Ja oder Nein hier und heute zu deiner jetzigen Situation und Familie?
Warum wirkt sich unsere Angst besonders auf den Erziehungsstil unserer Kinder aus?
Weil wir versuchen, unsere Angst, unseren Stress, wegzumachen in dem wir andere dafür einsetzen: Du darfst nicht ausgehen – weil ich mich fürchte. Du musst gut in der Schule sein, damit ich keine Angst habe, dass aus dir nichts wird. Du musst glücklich sein, sonst habe ich Angst, als Mutter/Vater versagt zu haben!
Wir setzen Grenzen nicht um Orientierung zu geben, sondern um uns selbst zu regulieren. Und genau so entstehen neue rigide Denkschablonen!
Wodurch kommt es dazu, dass wir unsere Kinder traumatisieren?
Eltern traumatisieren ihre Kinder wenn sie sie kränken, be- und entwerten, zu Objekten degradieren; wenn sie Grenzen missachten und Gewalt als legitimen Erziehungsstil wählen.
Wie kann man mit gezielten Übungen Angst abbauen?
Zuerst geht es um dein Gewahrsein: Ich habe Angst!
In unserem Buch gibt es einige Übungen zur Soforthilfe. Gelingt dir der Ausstieg aus der Angstspirale nicht, du findest dich im Dauerstress wieder, dann braucht es mitunter eine bewusste Lebensinventur und infolge neue Entscheidungen. Schließlich sind wir Eltern die Klimaanlage der Familie und tragen als solche Mitverantwortung für alle, die in unserem Dunstkreis leben. Insbesondere für mich selbst.